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Der Auftritt des seltzam hoffmann

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Ähnlich und doch ganz anders hat einer der bekanntesten literarischen Possenreißer des Spätmittelalters, der Pfarrer vom Kalenberg (Erstdruck Augsburg 1473), eine adlige Gesellschaft zum Lachen gebracht, als er, eingeladen zur höfischen Jagd, wie folgt in den Hof des Herzogspalastes einfährt:

Der pfarrer nam do zu der frist

sein roß vnd setzt das auff den mist,

das gleubet sicher ane Hass,

vnd selber er auf das roß do saß,

es würd im sawer oder süeß,

zwen holtzschuch legt er an die füeß (…)

sein füeß die thet er recken

auff den mist wagen also geil,

er wünscht im selber glück vnd heil.5

Dieses sprachliche Bild von einem närrischen Auftritt, einer semantisch ebenso uneindeutigen Körperinszenierung, die zwischen Provokation und fastnächtlicher Belustigung steht, wird vom Fürstenpaar als bizarre Extravaganz, nämlich als „seltzam hoffweis“ goutiert.6 Selbst als der Pfarrer zu einem viel späteren Zeitpunkt die Fürstin begrüßt und sich dafür entschuldigt, er habe sie von seiner hohen Position aus „vber sehen“, lacht die Angesprochene: „Die fraw die sprach vnd lacht in an: / Ir seidt ein seltzam hoffman“. (1739f.) Hier spielt der Pfarrer einmal keinen Streich, sondern er agiert einzig und allein als Unterhalter der fürstlichen Gesellschaft, deren Freude er durch sein Kommen deutlich erhöht hat.

Wie bei Hephaistos weisen auch hier die Widersprüchlichkeit und Ambivalenz, die sich aus den verschiedenen Möglichkeiten einer Semantisierung des körperlichen Lachanlasses ergeben, wiederum auf dessen Wirkungsmacht als theatrale Szene zurück, als komische Aufführung, welche sich der Wahrnehmung der Anwesenden in beweglichen Bildern vom Körper präsentiert. Lachanlass und Lachen entsprechen sich dabei in eigentümlicher Weise, sie sind direkt aufeinander bezogen. Die Wahrnehmung des Hinkenden im Zusammenhang mit seiner Ansprache und der gespannten Situation, sowie die Aufmerksamkeit für das seltsame Vehikel des Pfarrers sind es, die das Lachen unabhängig von seinem semantischen Verständnis auslösen. Diese Direktheit von körperlichen Lachanlässen beobachtete bereits Charles Baudelaire:

Leander, Pierrot, Kassander vollführen die seltsamsten Gebärden (…) sie wirbeln mit den Armen umher, sie gleichen Windmühlen, die der Sturmwind umtreibt. (…) Dies alles geschieht unter schallendem Gelächter, in welchem eine ungeheure Zufriedenheit zum Ausdruck kommt. (…) Ihre Gebärden, ihr Geschrei, ihre Mienen, alles spricht.7

Das Lachen als ein „Chaos der Artikulation“ (W. Benjamin)8 ist eng mit der Aufmerksamkeit für und der Wahrnehmung von körperlichen Widerfahrnissen verbunden, mit dem Fallen und Stürzen, dem Hinken und Stolpern, dem Stottern, aber auch mit exaltierten und hypertrophen Formen der Gestik und Mimik. Phänomene der Desorganisation (Plessner), des Kontrollverlustes des Körpers setzen seine Beherrschung durch die Haltung, den Geist, die Vernunft temporär aus – ein Chaos der physiologischen Artikulation. Es ist das Potential dieser unfreiwilligen Aufführungen des aus der Rolle fallenden Körpers, welches für die künstlerische Inszenierung in mimetischem Spiel, in Tanz und Theater, aber auch für literarische Texte in der Literatur der Vormoderne bedeutsam war.

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