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1.5Problematik der sog. Intensivnutztierhaltung

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Der ständig ansteigende Fleisch- und Eierverbrauch in unserer Konsumgesellschaft stellt an die Tierhaltungssysteme neue Anforderungen. Mit der herkömmlichen bäuerlichen Nutztierhaltung ist es nicht mehr möglich, den quantitativen Anforderungen des Verbrauchers und den niedrig angesiedelten Preisvorstellungen der Verbraucher gerecht zu werden.

Die Intensivnutztierhaltung, das heißt die Haltung von Nutztieren in großer Anzahl auf wenig Raum in modernen Haltungssystemen, wird überwiegend vom Verbraucher akzeptiert. Die Folge ist eine profitorientierte Landwirtschaft, die Einschränkungen für die Tiere mit sich bringt.

Inwieweit hier § 2 TierSchG Abhilfe schaffen kann, hängt von einer Abwägung zwischen einem ethisch ausgerichteten Tierschutz und einer ökonomisch betriebenen Landwirtschaft ab.

Intensivhaltung kommt für fast alle Tierarten in Betracht, in Deutschland vorrangig für Legehennen, Mastgeflügel, Schweine und Rinder. 2016 wurden in Deutschland 689 Millionen Mastgeflügeltiere (Masthühner, Puten, Enten, Gänse) geschlachtet.

Das Problem dieser Haltungsart berührt aber nicht nur die tierschutzrechtliche Ebene, sondern ist auch in den Bereichen des Bau-, Lebensmittel-, Futtermittel-, Immissionsschutz- und Seuchenrechts relevant. Insbesondere die Entsorgung der Fäkalien und die Geruchsbelästigung spielen eine große Rolle.

So wird oftmals das art- und naturgemäße Verhalten der Tiere gestört. Weiterhin ist auf Grund fortschreitender Automatisierung dieser Systeme die Überwachung und die gegebenenfalls erforderliche Hilfe für diese Tiere häufig nicht gewährleistet. Auch das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen bietet hier wenig wirksamen Tierschutz. Das Tierschutzgesetz selbst enthält kein Verbot dieser Haltungssysteme, die neben einer großen Akzeptanz auch vielfältiger Kritik ausgesetzt sind. Das Gesetz hat das Problem der Intensivtierhaltung in der Beaufsichtigungsermächtigung des § 16 TierSchG angesprochen und somit auch legalisiert. Von einer ausdrücklichen Erlaubnis kann allerdings nicht gesprochen werden. Die Brisanz des Themas wurde auch vom Gesetzgeber erkannt. Eine Lösung wurde jedoch nicht angeboten.

Diese in Deutschland weitgehend verbreitete Haltungsform ist demnach nur unzureichend geregelt. Die vereinzelten Anforderungen ergeben sich aus Rechtsverordnungen, die aber mangels einer konkreten Rechtsgrundlage tierschutzrechtlich nicht zufriedenstellend sind.

Der Gesetzgeber war bemüht durch das Aufstellen von generellen Geboten und Verboten bestimmten Missständen entgegenzuwirken, indem er in §§ 2, 2a TierSchG und den dazu erlassenen Rechtsverordnungen Mindestanforderungen festgelegt hat. Eine Betrachtung der erlassenen Rechtsverordnungen lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Intensivhaltung in großem Rahmen duldet und sie mit dem Tierschutz für vereinbar hält.

Besonderer Brisanz „erfreute“ sich das Thema der sogenannten Legebatteriehühner.

Nach den Auswertungen des Statistischen Bundesamtes 2016 gibt es in Deutschland 40 Millionen Legehennen. In den Ländern der Europäischen Union sind es insgesamt 270 Millionen.

In Deutschland werden inzwischen (Stand 2016) 63 % der Legehennen in Bodenhaltung gehalten, 17 % in Freilandhaltung, 10 % in Käfighaltung und nur 10 % in ökologischer Erzeugung.

Bei der Käfighaltung der Legehennen wird das starke Bewegungsbedürfnis, angeborene Verhaltensweisen wie Sandbaden und Gefiederreinigung und Nahrungssuche (Scharren, Picken) auf Grund des fehlenden Platzes und der unnatürlichen Käfigbeschaffenheit (Drahtflächen) eingeschränkt. Vielfach sind Verhaltensanomalien zu beobachten. Andere europäische Länder sind in dieser Hinsicht fortschrittlicher. So ist z. B. in der Schweiz die Käfighaltung von Geflügel nicht ausdrücklich verboten, aber durch verschiedene Anforderungen und Gebote praktisch ausgeschlossen, allerdings werden bis zu 70 % der Eier importiert. In Schweden ist die Käfighaltung seit dem 1. Januar 1999 verboten und für jede Haltung sind Legenester, Sitzstangen und Sandbad vorgeschrieben.

Trotz aller Veränderungen der Haltungsbedingungen für Legehennen ist der erreichte Zustand in Deutschland unbefriedigend, insbesondere auch deswegen, weil es bei alternativen Haltungssystemen zur Käfighaltung (Freilandhaltung, Bodenhaltung, Volierenhaltung) in der ökonomisch erforderlichen Dichte ebenfalls zu tierschutzrelevanten Tatbeständen kommt. Mit der Haltung von Legehennen befasste sich am 6. Juli 1999 das Bundesverfassungsgericht. Das höchste Gericht Deutschlands erklärte die damalige Hennenhaltungsverordnung für verfassungswidrig mit der Begründung, dass die Verordnung gegen das Gebot verhaltensgerechter Unterbringung § 2 Nr. 1 TierSchG verstoße. Die Nebenwirkungen der Batteriehaltung wurde somit erstmals gerichtlich anerkannt. Das Urteil hatte jedoch nur Auswirkungen auf die Gestaltung von Neuanlagen. Bestehende Einrichtungen genoßen noch einen Bestandsschutz und mussten nicht umgebaut werden, solange nicht eine neue Verordnung wirksam wird. Daraufhin wurde die Tierschutznutztier-Haltungsverordnung (siehe Anhang) um Bestimmungen für das Halten von Legehennen ergänzt. Ein absolutes Verbot der Käfighaltung gilt ab 2025.

Neben einer tierschutzgerechten Gesetzgebung würde auch eine Änderung des Verbraucherverhaltens zu einer Verbesserung der Situation der in Intensivnutztierhaltungen lebenden Tiere führen. Dass Alternativen in gewissem Umfang möglich und auch anerkannt sind, zeigt die zunehmende Anzahl kleiner Bauernhöfe und ökologischer Tierhaltungen.

Tierschutzrecht

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