Читать книгу Darwin heute - Harald Lesch - Страница 43

Was sind die Grundbausteine der Welt?

Оглавление

Sind es, wie meistens angenommen wird, kleinste materielle Teilchen, letztlich also Dinge mit ihren Eigenschaften? Oder sind es gerade nicht Materie und Energie, sondern Informationseinheiten? Oder sind die Grundbausteine der Welt vielleicht Ereignisse, Ereignisketten, Vorgänge, Prozesse, die von vornherein einen zeitlichen Aspekt mitbringen? Hier könnte eine Evolutionäre Metaphysik ansetzen.

Der Philosoph ALFRED NORTH WHITEHEAD (1861–1947) hat eine solche Prozessphilosophie entworfen. Die Grundbausteine der Welt sind danach Prozesse. Auf ihn beruft sich insbesondere die Prozesstheologie, eine aus Nordamerika stammende Richtung der philosophischen Theologie, die sich ausdrücklich auf Whiteheads Kosmologie stützt. WHITEHEAD hat diese Entwicklung selbst vorbereitet, indem er seine Kosmologie mit einer Religionsphilosophie verband.

Ein weiterer Kandidat für eine Evolutionäre Metaphysik ist der Philosoph KARL POPPER (1902–1994). Er unterscheidet drei Welten: Welt 1 umfasst alle physischen Systeme (die natürlich auch alle physikalische Systeme sind). Welt 2 umfasst alle psychischen Zustände und Prozesse, also solche, zu denen wir auch einen inneren Zugang haben. Welt 3 enthält die Inhalte des Denkens und die Erzeugnisse des menschlichen Geistes, also Ideen, Gedanken, Vermutungen, wahre und falsche Theorien, Probleme, Argumente, Baupläne, Werkzeuge, die Inhalte von Büchern, Kunstwerke, Gedichte, Sinfonien. Von den Elementen aus Welt 2 unterscheiden sie sich dadurch, dass sie objektiv sind, dass wir sie formulieren, aufschreiben, aufzeichnen und anderen mitteilen können. Auf diese Weise können sie fortbestehen, auch wenn wir selbst nicht mehr an sie denken oder wenn wir sogar tot sind, ja selbst dann noch, wenn es einmal keine Menschen mehr gibt. POPPER vergleicht seine Welt 3 gern mit PLATONS Ideenwelt und mit FREGES Welt der Gedanken. Er sieht jedoch einen entscheidenden Unterschied, den er besonders betont: PLATONS und FREGES Welten seien statisch, seine Welt 3 sei dagegen dynamisch oder, wie er noch lieber sagt, evolutionär. Sie ist evolutionär, weil wir Menschen kreativ sind, weil wir immer neue Ideen entwickeln, die wir der Welt 3 hinzufügen.

Die Dinge der Welt 3 sind zwar, wie POPPER mehrfach betont, durchaus objektiv, aber POPPERS Theorie der Welt 3 ist metaphysisch. Auch hier könnte man von einer Evolutionären Metaphysik sprechen. Es geht dabei allerdings nicht um die Evolution realer, aber leider empirisch unzugänglicher Systeme, sondern um die Evolution unserer geistigen Erzeugnisse, also unserer Ideen, Begriffe und Theorien.

Darwin heute

Подняться наверх