Читать книгу Trugbild der Schatten - Helmut Aigner - Страница 16
Kapitel 11
ОглавлениеMehrere dichte Baumreihen überschatteten das Dorf, das Heim der Feinde des Ordens der silbernen Garde. Über den letzten Baumwipfeln, hinter einigen Wiesen und einer Landschaft aus Äckern und Viehweiden lag Sturmfels. Man konnte von hier aus nur die höchsten Zinnen und einen der vier Wehrtürme erkennen. Der Anblick des Hafens mit seinen Transportschiffen und einfachen Kuttern, die den Dyfro befuhren, blieb den Betrachtern verborgen.
Die beiden wurden nicht gerade überschwänglich empfangen. Sofort versammelten sich Leute um Venya, die Anführerin, denn wie immer gab es reichlich zu bemängeln und zu murren. Verschiedene Bewohner beklagten sich augenblicklich bei ihr, dass Wachen sie aus Sturmfels vertrieben hatten. Den Fremden, die hin und wieder zum Handeln aus dem Wald kamen, traute man plötzlich nicht mehr, nach Vorkommnissen, die nach magischen Aktivitäten aussahen.
Das fehlte noch - Ärger, wie sie ihn gerade jetzt nicht gebrauchen konnten.
Ein alter Mann ging auf Tregardis zu, der sein Pferd zu einem Unterstand führte. Es nieselte bereits stärker und der Thärde wollte jetzt lieber ins Trockene, bevor er ganz durchweichte.
Ein Bittsteller war sehr ungehalten und beklagte sich über den katastrophalen Zustand seiner Unterkunft und fragte dann in einem gemäßigten Tonfall, ob er, Venyas Beschützer, niemanden kenne, der ihm bei den Reparaturen zur Hand gehen könne. Die schlechte Laune, die Tregardis schon seit den frühen Morgenstunden verspürte und die sich während der Entdeckung des Hinterhalts der Sweddar nur noch verschlechtert hatte, führte nun zu einer unhöflichen Antwort.
„Sehe ich vielleicht aus wie ein Handwerker? Haut ab Mann und sucht woanders einen Trottel. "
Eingeschnappt ging der Alte davon und würdigte das ganze Geschehen, im Zusammenhang mit dem Auffinden einer neuen Zauberwirkerin, keines Blickes mehr.
Venya hatte das Verhalten ihres Untergebenen verfolgt und zog ihre Stirn in Falten, ein Zeichen für Unmut bei ihr.
„Ihr wisst wirklich, wie man mit Menschen umgeht“, erwähnte sie trocken.
„Bisher hat sich noch niemand über mein Benehmen bei mir beklagt“, gab der Soldat schlicht zurück.
Die Hexe begutachtete abermals die Frau, die regungslos auf dem Pferderücken saß und Gefahr lief, hinunter zu fallen.
Sie zog den total entkräfteten Körper mithilfe des Thärden abwärts.
„Das liegt nur daran, dass kaum einer das Bedürfnis verspürt, überhaupt mit Euch zu reden.“
Tregardis murrte, was allenfalls eine Zustimmung war oder nur Hinweis darauf, dass es ihm völlig gleichgültig war, wer was über ihn dachte, annahm und aussprach.
„Nehmt sie rein in meine Hütte, sie muss viel schlafen. Hoffe, dass ihr das guttut. Lasst sie möglichst keinen Moment aus den Augen.“
Er legte sich die schlanke Gestalt teilnahmslos über Schulter und Rücken. Weil sie nicht üppig wog, konnte er sie mühelos von hier aus bis zu einem Bett in Venyas Anwesen bringen. Nicht viel mehr Aufheben, als ein Stoß Holz an einem kalten Winterabend in sein Heim zu transportieren.
Allerdings durfte er etwas nicht unterlassen. Den ganzen Weg über verkniff er sich seine Zweifel, mittlerweile war es genug. „Was ist so wichtig an ihr, dass ihr einen solchen Aufwand betreiben müsst?“, fragte er, ohne mit Sorgfalt auf seine Wortwahl zu achten.
Bekümmert schaute die Hexe ihn nachdenklich an: „Wenn ich Euch das doch nur genau sagen könnte. Aber ich bin mir jetzt noch nicht sicher damit. Jedenfalls steht sie mehr mit Magie im Bunde als die meisten hier unter uns - und das muss erst einmal für Eure Neugier genügen.“
Sie verheimlicht mir immer etwas, vertraut mir nicht völlig. Kann ich verstehen. Wäre selbst nicht anders an ihrer Stelle.
Er nickte und ging nun schneller zu Venyas Anwesen in der Mitte des kleinen Dorfes. Es war von Kräuterfeldern umgeben und hatte als einziges Haus im Ort eingelegte Fenster und einen verputzten Kamin. Ein Luxus der höchsten Güte, aber die Hexe konnte ihn nicht oft genießen. Sie hielt sich fast nie in ihren eigenen vier Wänden auf, sondern war meist beschäftigt, immer unterwegs und kam kaum zum Rasten.