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3. Schaden

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Die Auflage setzt einen durch die Tat verursachten Schaden voraus, der zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächlich noch besteht (BGHR StGB § 56b, Wiedergutmachung 1, bestimmte Form; HansOLG MDR 1980, 246). Wann dies der Fall ist, richtet sich ebenso wie Art und Umfang des Schadens ausschließlich nach bürgerlichem Recht (allg.M., vgl. HansOLG MDR 1980, 246; 1982, 341; OLG Stuttgart NJW 1980; 1114; Brunner Zbl 1976, 270 ff.; Baur, GA 1957, 340 ff. unter Hinweis auf die Einheit der Rechtsordnung; Jakobs/Molketin Jugendwohl 64 [1983], 159 ff.; Schall NJW 1977, 1045; Pentz NJW 1956, 1867, jeweils m.w.N.; differenzierend Ostendorf § 15 Rn. 7; teilweise a.A. offenbar Hellmer AcP 155 [1956], 528 ff.; Dilcher NJW 1956, 1346 f.; Frehsee NJW 1981, 1253; Spiegel NStZ 1981, 101). Danach darf der Jugendrichter die Auflage nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 nur erteilen, wenn und soweit eine zivilrechtliche Haftung des Täters besteht; andernfalls ist die Auflage rechtswidrig und das Urteil insoweit auf Rechtsmittel (§ 55) hin aufzuheben (BGH 3 StR 176/17 = StV 2017, 713; Brunner Zbl 1976, 270 ff., 277; Dallinger/Lackner § 15 Rn. 2). Demnach kann der Täter zur Wiedergutmachung eines immateriellen Schadens nur dann gem. Nr. 1 verpflichtet werden, wenn dieser auch nach dem BGB eine Ersatzpflicht auslöst (etwa § 253 BGB), was sich aus den Urteilsgründen ergeben muss (BGH 3 StR 176/17 = StV 2017, 713). Denn das, was ein ersatzfähiger Schaden ist, bestimmt für die gesamte Rechtsordnung ausschließlich das BGB (Baur GA 1957, 338 ff., 341). Wenn auch der Jugendrichter an zivilrichterliche Entscheidungen nicht gebunden ist, kann eine abweichende Entscheidung des Zivilrichters gleichwohl nicht ohne Einfluss auf die Auflage bleiben (HansOLG Hamburg MDR 1982, 341), so dass die Auflagenentscheidung gegebenenfalls einer etwaigen zivilrichterlichen Entscheidung anzupassen ist (OLG Karlsruhe Die Justiz 1978, 112). Andererseits bindet die Bezifferung des Wiedergutmachungsumfanges durch den Strafrichter, die gesetzlich nicht untersagt und bei klarer, unstreitiger Höhe des Schadens zweckmäßig ist, die Beteiligten zivilrechtlich nicht (OLG Karlsruhe Die Justiz 1978, 112). Wer zivilrechtlich nur zum Ersatz des durch die Straftat entstandenen Vertrauensschadens verpflichtet ist, kann nicht durch den Strafrichter in Form einer Wiedergutmachungsauflage zum Ersatz des positiven Interesses verpflichtet werden (OLG Stuttgart NJW 1980, 1114). Entfallen die Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht nachträglich ganz oder teilweise, so hat der Richter den Jugendlichen von der Erfüllung der Auflage gem. Abs. 3 zu befreien. Zur Frage eines Vergleichs über Wiedergutmachungsleistungen im Strafprozess vgl. Pecher NJW 1981, 2170 f.

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Eine Auflage nach Nr. 1 ist unzulässig, wenn ein zivilrechtlich bestimmbarer Schaden nicht mehr besteht, etwa weil der Täter die Forderungen des Opfers bereits anderweitig erfüllt oder ein Dritter eingesprungen ist, z.B. eine Versicherungsgesellschaft (Dallinger/Lackner § 15 Rn. 2; Pentz NJW 1956, 1867; unentschieden Brunner/Dölling § 15 Rn. 6), unabhängig davon, ob diese bei dem Täter Regress nehmen kann oder nicht; hier den Täter auch zum Ausgleich der bei der Versicherung entstandenen Vermögenseinbuße zu verpflichten, wäre rechtswidrig, weil der als besondere Form des Täter-Opfer-Ausgleichs ausgestalteten Auflage nach Nr. 1 (Rn. 5) eine derartige – wegen der abstrakten Bezugsperson erzieherisch auch nicht geeignete – Fernwirkung nicht zukommt.

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Eine dem Täter zustehende Einrede der Verjährung der deliktischen oder vertraglichen Haftung hindert indessen die Anordnung der Auflage nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 nicht (OLG Stuttgart NJW 1980, 1114; MDR 1971, 1025; OLG Hamm NJW 1976, 527; a.A. Eisenberg § 15 Rn. 6; Jakobs/Molketin Jugendwohl 64 [1983], 159 ff., 163). Die Verjährung beseitigt nicht den durch die Tat angerichteten Schaden, sondern hindert lediglich seine zivilprozessuale Durchsetzung. Ein Ausweichen vor der (materiellen) Pflicht, den durch die Straftat angerichteten Schaden wieder gut zu machen, unter Berufung auf die Formalie der Verjährung verträgt sich nicht mit der Sühnefunktion dieser Auflage (OLG Stuttgart MDR 1971, 1025).

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Verfahrenskosten dürfen dem Täter im Wege der Auflage nach Nr. 1 nicht auferlegt werden (BGHSt 9, 365 ff.; NJW 1956, 1886; OLG Hamm NJW 1956, 1887; BayObLG MDR 1957, 500; h.M., s. § 10 Rn. 15; a.A. Meyer NJW 1957, 371). Zwar handelt es sich hierbei im weitesten Sinne auch um einen Beitrag zur Wiedergutmachung des durch die Straftat der staatlichen Gemeinschaft mittelbar zugefügten materiellen Nachteils. Doch liegt das Empfinden hierfür dem Verurteilten regelmäßig ziemlich fern. Im Verurteilten wird sich vielmehr leicht der Gedanke in den Vordergrund drängen, dass der Staat hier seine eigenen fiskalischen Interessen wahrnehmen wolle. Dabei wird bei ihm aus seiner Sicht heraus der Eindruck entstehen, dass hier zwei nicht in innerem Zusammenhang stehende und nicht vergleichbare Größen – Kostenzahlung und Ahndung der Strafe – vom Staat aus eigensüchtigen Beweggründen in Verbindung gebracht und so die Nichtzahlung von Verfahrenskosten mit sachlich-rechtlichen Nachteilen bedroht wird, die sonst im Strafrecht nicht mit bloßer Kostensäumnis verbunden zu sein pflegen (BGH NJW 1956, 1886). Dies kann dem Erziehungszweck der Auflage erheblich schaden.

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