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V. Prozessuale Fragen

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Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO kann nicht auf frühere Straftaten gestützt werden, die nur mit Zuchtmitteln geahndet worden sind, OLG Oldenburg StV 2010, 139 = NStZ-RR 2010, 159.

Bei der mündlichen Urteilsbegründung und der Urteilsfassung ist der Eindruck zu vermeiden, als sei der Jugendarrest eine Strafe, vgl. § 70b. Der Verurteilte ist darauf hinzuweisen, dass eine Vorstrafenbelastung nicht eintritt. Im Interesse der Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber jungen Menschen darf aber der Charakter des Jugendarrestes als einer stationären Sanktion nicht verschleiert werden. Auch wenn ein rascher Vollstreckungsbeginn sinnvoll ist, sollte aus rechtsstaatlichen Gründen nicht auf einen sofortigen Rechtsmittelverzicht gedrungen werden.

Rechtsmittel gegen die Verhängung eines Urteilsarrestes sind nur in den Grenzen des § 55 Abs. 1 zulässig, d.h., dass die Sanktionsverhängung nicht isoliert sondern nur die Entscheidung insgesamt angefochten werden kann. Das gilt auch, wenn der Angeklagte nach Ablauf der Berufungsfrist die Ermächtigung seines Verteidigers zur Berufungsbeschränkung widerruft und erklärt, die Berufung solle unbeschränkt durchgeführt werden (OLG Oldenburg NStZ 2009, 450). Wird die Vollstreckung des Jugendarrestes entgegen § 87 Abs. 1 zur Bewährung ausgesetzt, so ist die Entscheidung nicht nichtig, sondern ohne die Begrenzung nach § 55 Abs. 1 anfechtbar (OLG Düsseldorf NJW 1961, 891; OLG Frankfurt NJW 1963, 969; OLG Hamm NJW 71, 1666 m. Anm. Brunner JR 72, 73; Schaffstein/Beulke/Swoboda S. 164 sehen wie auch Rinio (Zbl 2000, 300) die Rechtsgrundlage in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der einzelnen Bundesländer).

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Aus Gründen der Erziehung sieht der Vollstreckungsleiter von der Vollstreckung des Jugendarrestes ab, wenn seit Eintritt der Rechtskraft 6 Monate verstrichen sind (§ 87 Abs. 3). Ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft ist die Vollstreckung unzulässig (§ 87 Abs. 4). Hintergrund für beide Regelungen ist der Aspekt der Beschleunigung.

Allgemein zur Vollstreckung jugendrichterlicher Arrestentscheidungen Wohlfahrt StraFo 2017, 438 ff.

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Wenn Jugendarrest zu vollstrecken ist und der Verurteilte ihn nicht antritt, so soll er nach RiJGG Nr. V 7 zu §§ 82–85 polizeilich zugeführt werden. Mangels Gesetzescharakters bildet diese Richtlinie jedoch keine ausreichende Rechtsgrundlage. § 457 StPO (Haftbefehl) ist nicht anwendbar, weil es sich bei Jugendarrest nicht um eine Kriminalstrafe handelt. Eine analoge Anwendung, wie sie Brunner/Dölling Rn. 21 vorschlagen, scheitert angesichts des hohen Stellenwertes des Rechtsguts persönlicher Freiheit. Trotz entgegenstehender Praxis ist die polizeiliche Zuführung zum Jugendarrest damit unzulässig (Hinrichs StV 1990, 380 und DVJJ-J 1991, 67; str. § 90 Rn. 8). Hinrichs hat überzeugend nachgewiesen, dass ein erzieherisch ausgestalteter Arrestvollzug keine Zwangszuführung benötigt, diese sogar eher schadet. Das durch die Neufassung der §§ 16 und 90 intendierte gewandelte Verständnis bestätigt die Richtigkeit dieser Position. Jetzt aber Willsch Die Zuführung zum Jugendarrest, FS Ostendorf 2015, 933.

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Rechtswidrige Ablehnung eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst wegen mangelnder charakterlicher Eignung aufgrund einer vor 9 Jahren erfolgten Verurteilung zu einem Freizeitarrest wegen Körperverletzung, (VG Berlin Urt. v. 25.8.2016 – 26 K 89/15).

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