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Angst

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Was für ein Glück, dass ich im Flugzeug nach San Diego eine Augenmaske erhielt. Die muss ich mir zum Schlafen vor die Augen binden, weil das Licht vom Office den ganzen Zeltplatz in Helligkeit versetzt. Und das die ganze Nacht! Der Untergrund besteht aus geschreddertem Klein- und Kleinstholz, ist aber schon ordentlich abgebraucht.

Beim Abbauen meines Zeltes sehe ich, dass kein Stöckchen durch die Unterlage gekommen ist. Welch ein Glück! Um 6.30 Uhr starte ich bei Sonnenschein und ohne Wind! Es macht den Anschein, dass es heute noch recht warm werden wird! Es ist der erste Tag, an dem ich in etwas dünnerer Garderobe losfahre.

Nach höchstens 3 km überquere ich eine Brücke. Fröhliches und lautes Gezwitscher dringt an mein Ohr. Rechterhand sehe ich beim Überqueren der Brücke viele schwarze Vögel mit einer goldfarbenen Brust und je einem größeren weißen Fleck auf der Oberseite der Flügel. Sie sitzen in Büschen oder an Reethalmen des Flusses. Die Vögel haben die Größe unseres Eichelhähers. Hoffentlich ist davon ein Foto etwas geworden. Ich komme einfach nicht dicht genug an sie ran. Sie sind sehr hübsch.

Und dann sehe ich in meinem Rückspiegel einen Fahrradfahrer ohne Packtaschen in gelb-schwarzer Garderobe kommen. Wer fährt hier hinter mir her? Ich kann nicht so schnell fahren wie er, gebe aber ordentlich „Gas“. Aus unverständlichem Grund steigt in mir Angst auf. Ein Fahrradfahrer mit vielen Packtaschen wäre mir sehr sympathisch gewesen. Aber dieser?

Glücklicherweise ist das Gelände flach. Ich sause so schnell ich kann dahin. Aber mehr als 26 km/h geben meine Beine nicht her. Der Abstand bleibt. Es werden ca. 4-5 km. Langsam werden meine Beine müde. Der Fahrradfahrer bleibt in ca. 200 m Entfernung immer hinter mir.

Dann sehe ich rechterhand vor mir ein Anwesen, hinter dem glücklicherweise eine Nebenstraße abzweigt. Ich halte rechts den Arm raus und biege ab. Nach ca. 50 m bleibe ich stehen und schaue in meinen Rückspiegel. Der andere Fahrradfahrer fährt weiter, ohne sich nach mir umzudrehen. So drehe ich mich um. Und was sehe ich? Es handelt sich um einen Rennfahrer auf Tagesfahrt mit einem Camelback als Trinkwasserspeicher auf dem Rücken.

„Na, wenn der es gewollt hätte, hätte er mich gleich ein- und überholen können. Aber er wollte heute wohl eine große Schleife fahren.“

Nun ist mir wieder wohler. Mein rasender Puls beruhigt sich langsam. So radle ich weiter und erreiche Ripley, wo ich mir im Geschäft ein einfaches Frühstück kaufe, es draußen an einem Tisch aufesse und mir noch einige Lebensmittel für den Tag und den Abend hole. Mit glücklich vollem Bauch und dem Wissen, dass mir heute nichts mehr passieren kann, setze ich meine Fahrt fort.

Aber was ist das? Zwei große braune Hunde kommen mir von links hinten giftig bellend nachgelaufen. Ich muss schon wieder Gas geben, obgleich ich doch schon ausgepowert bin. Aber ich weiß, dass ich den Hunden in dunklem und lautem Ton zurückbellend Parole bieten muss. Sie lassen mich tatsächlich in Ruhe. Da erst fällt mir der Pfefferspray ein, den mir John in San Diego gekauft hat. Eine schmale Spraydose stecke ich links außen in das kleine Netz meiner Lenkertasche. Griffbereit wartet der Spray auf Einsatz.

Da kommt auch schon der nächste Hund angelaufen, ein Pitbull und will mich beißen. Ihn belle ich auch in bösem, lautem und tiefem Ton an. Aber ohne Erfolg. Flugs habe ich trotz des eiligen Fahrens den Pfefferspray bei der Hand und ziele ungenau nach rechts und links hinten, wo ich ihn bellen höre und auch laufen sehen kann. Dieses Mistvieh lässt mich tatsächlich ungebissen weiter fahren. Habe ich richtig gezielt? Mein Herz rast. Ich atme wie eine Dampflok. Nun lasse ich den Pfefferspray nicht mehr aus der Hand. Glücklicherweise kommt keiner mehr angelaufen. Die anderen Hunde sind entweder im eingezäunten Garten oder an einer langen Leine. Vielen Dank, liebe Hundebesitzer!

In Blythe suche ich mir einen Postkasten und radle weiter gen Osten. Nach längerer Zeit überquere ich eine Brücke, die über einen Nebenarm des Colorado-Rivers führt. Ich kann den berühmten Fluss rechts in einiger Entfernung sehen. Für Fußgänger und Fahrradfahrer gibt es einen speziellen Weg dahin und darüber. Ich nehme mir dafür aber nicht die Zeit.

Hier erreiche ich kurz darauf die Grenze und entere den zweiten Staat meiner USA-Durchquerung:

Unter Käfern und Schlangen

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