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Wo ist mein Paket?

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Heute liegt viel an. Ich fahre

a) zur Bank und hole Geld;

b) zur Post, die weit entfernt liegt, um nach meinem Paket zu fahnden. Es ist nicht zu finden. Ich soll abends um 16.30 Uhr noch einmal anrufen;

zum Fahrradgeschäft, das ganz weit in der entgegen gesetzten Richtung liegt, um eine neue Beleuchtung montieren und die Fahrradkette ölen zu lassen und um einen neuen Sturzhelm-Rückspiegel zu kaufen, weil sich der alte vom Sturzhelm gelöst hat;

zur Bibliothek, um meine Emails zu lesen und zu beantworten. Dort muss ich eine Stunde warten, ehe ich überhaupt an einen PC kommen kann.

Wieder hin zum weit entfernten Hauptpostamt. Mir wird lächelnd berichtet, dass der Postbote in der Zwischenzeit mein Paket zur Jugendherberge gebracht hat. Also zurück zur Herberge. Auf dem Weg dorthin esse ich in einem mexikanischen Restaurant und erstehe in einem Kaufhaus Esswaren für mein morgiges Frühstück. Erst gegen 18.00 Uhr betrete ich wieder mein Zimmer in der Herberge. Das Paket mit dem Zelt und Schlafsack samt Vitaminen, Landkarten und Fotorollen wartet tatsächlich vor meiner Zimmertür auf mich. Ich hole alles raus, stecke das Zelt und den Schlafsack wieder hinein, klebe es wieder zu und beschrifte es neu mit meiner Adresse in Kiel. Jetzt ist es schon zu spät. Das muss ich morgen früh zum Postamt bringen.

In meinem Zimmer sitzt eine Frau aus New Mexiko auf einem anderen Bett. Sie ist sehr nett und staunt über mich, dass ich noch mit meinen 65 Jahren eine so schwere Fahrradtour und das noch ganz allein unternehmen kann.

Alles in allem ist dieser Tag für mich schrecklich.

Im Frühstücksraum sitzt ein schwarzhaariger älterer Mann in einem Sessel und liest Zeitung. Gestern Abend war er noch nicht in der Herberge. Als ich den Raum betrete, fragt er mich, woher ich komme. Als ich ihm geantwortet habe, erzählt er mir, dass er gehört hat, hier eine deutsche Frau zu finden. Er ist hergekommen, um sich mit mir zu unterhalten. Er sagt, dass wir uns im letzten Jahr schon einmal getroffen haben. Haben wir aber nicht! Er ist mir unsympathisch. Ich verschwinde sehr schnell, hole mein Paket und mache mich per Fahrrad auf den Weg zur Post. Diese ist noch geschlossen. So unterhalte ich mich mit dem Dienst habenden Sheriff. Er gibt mir seine Email-Adresse und bittet mich, ihm hin und wieder von unterwegs über meine Tour zu schreiben. Ich freue mich, einen Polizisten als Email-Freund gewonnen zu haben. Falls mir etwas passiert, will ich ihm das sofort schreiben. Ich fühle mich jetzt sicherer.

Als ich alles erledigt habe, und in der Herberge wieder ankomme, lässt mir der schwarzhaarige Mann ausrichten, dass er mich vermisst hat und wiederkommen wird. Ich will mit ihm aber nichts zu tun haben.

Ein anderer junger Wanderer fragt mich, was er gegen die Blasen an seinen Füßen machen kann. Er ist Wanderer und soll morgen weiter. Ich gebe ihm das spezielle Pflaster für Blasen und die Adresse davon. Ganz glücklich bedankt er sich. Ich sage zu ihm, dass er dem schwarzhaarigen Mann sagen soll, wenn er wiederkommt, dass ich gen Westen abgefahren sei.

Dieses hat alles bis kurz vor 11.00 Uhr gedauert. Fast der halbe Tag ist damit für mich nutzlos verstrichen. Doch möchte ich mich so schnell wie möglich aus dieser schrecklichen, wenn auch wunderschönen Stadt mit dem Bus gen Osten nach Mesa hinausbringen lassen.

Das ist hier eine ganz tolle Sache mit den Stadtbussen. Sie besitzen vor der Kühlerhaube eine Transportmöglichkeit für zwei Fahrräder. Dort befestige ich mein Rad, nehme alle meine Packtaschen mit in den Bus und lasse mich bis zur Power Rd. bringen. Von hier aus radle ich bis Apache Junction.

Dort komme ich um 15.20 Uhr an. Hier gibt es einen Campingplatz. Der nächste befindet sich erst in 50 km Entfernung. Und diese Kilometer bergauf noch bei gutem Tageslicht zu radeln, traue ich mir nicht zu, suche mir stattdessen die Bibliothek, lese meine Emails und beantworte sie.

Danach suche ich den KOA Campingplatz auf und lasse mir einen Platz zuweisen. Mir wird gesagt: „Schließen Sie gut Ihre Reißverschlüsse. Hier krabbeln nachts auch Skorpione herum.“ Na, das sind ja schöne Nachrichten!

Ich kaufe mir noch etwas zum Abendessen und für das Frühstück. Später, als ich alles hinter mir habe, wandere ich frisch geduscht zurück zu meinem Zelt. Es ist erst 18.30 Uhr, als ich mich schlafen lege. Das hätte ich heute nicht mehr bis Superior geschafft. Gut so. Morgen werde ich wieder früh starten. Am Himmel sind feine Wolken aufgezogen. Hoffentlich gibt es keinen Regen. Den kann ich nicht gebrauchen.

Unter Käfern und Schlangen

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