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3.7.3Das subjektive öffentliche Recht
Оглавление70Die Verwaltung wird im öffentlichen Interesse tätig. Die vorhandenen Gesetze steuern dabei das Verwaltungshandeln. Die vorhandenen Normen dienen aber nicht immer ausschließlich allein dem Allgemeininteresse. Jedoch begründen nicht alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften zugleich einen Rechtsanspruch des Bürgers gegenüber der Verwaltung auf ein bestimmtes Verhalten. Dies kann der Bürger nur verlangen, wenn er ein subjektiv öffentliches Recht hat. Eine derartige Rechtsposition liegt vor, wenn ein einzelner Bürger kraft öffentlichem Recht verliehener Rechtsmacht vom Staat zur Verfolgung eigener Interessen ein bestimmtes Verhalten (Tun, Dulden oder Unterlassen) verlangen kann.122
Häufig lässt sich aus der ausdrücklichen Formulierung der Vorschrift entnehmen, ob der Gesetzgeber dem Bürger ein subjektiv-öffentliches Recht einräumen wollte. Fehlt es an einer klaren Gesetzessprache, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um eine entsprechende Norm handelt. Dabei sind die folgenden Fragen zu prüfen:
Beispiele:
a) So besteht nach § 1 BAföG ein Rechtsanspruch auf individuelle Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für den Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
b) Der Haushaltsplan ist für die Gemeinde Grundlage der Haushaltswirtschaft. Nach § 113 III NKomVG werden durch diesen Plan aber weder Ansprüche noch Verbindlichkeiten Dritter begründet.
c) Nach § 110 I BBG hat der Beamte auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses ein Recht auf Einsicht in die vollständige Personalakte.
d) § 34a I 3 GewO (im Umkehrschluss) ist Anspruchsgrundlage für eine mögliche Erlaubnis für ein Bewachungsgewerbe.
e) Liegen die Voraussetzungen des § 70 I 1 NBauO vor, so hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung.
f) Nach § 1 III BauGB ist die Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen zur Aufstellung von Bauleitplänen (§ 1 II BauGB) verpflichtet. Das Planerfordernis gilt nur gegenüber der Allgemeinheit und nicht gegenüber einem Einzelnen. Der Norm ist kein subjektiv-öffentliches Recht zu entnehmen.
Subjektive öffentliche Rechte können sich auch unmittelbar aus den Grundrechten ergeben.
70aAuch kann ein Rechtssatz, der die Behörde verpflichtet, bei erfülltem Tatbestand, Ermessen auszuüben, ein subjektiv-öffentliches Recht begründen (z. B. § 46 I StVO; § 8 FStrG; § 14 I NFeiertagsG). Da das gesetzlich eingeräumte Ermessen (Rdnr. 256 ff.) der Behörde regelmäßig die Wahl zwischen Entscheidungsalternativen eröffnet, hat der Bürger grundsätzlich nur
– einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
Dieser Anspruch kann sich auf eine bestimmte Entscheidung verdichten, wenn
– eine Ermessensreduktion oder aber ein Fall von intendiertem Ermessen vorliegt.
Ein allgemeiner Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht dagegen nicht.123
71Subjektive öffentliche Rechte haben erhebliche Bedeutung. Sie prägen entscheidend das Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern. So hat das BVerwG zu Recht die Subjektstellung des Bürgers als Leitidee des Grundgesetzes bezeichnet. Damit wird dem Bürger die Möglichkeit eingeräumt, „selbstständig gegenüber dem Staat aufzutreten und die Beachtung der ihn betreffenden Gesetze zu verlangen. Ohne eigene Rechte wäre der Einzelne dagegen bloß Untertan und Objekt staatlichen Handels. Die Gewährleistung subjektiver Rechte ist eine Grundbedingung eines freiheitlichen, demokratischen, sozialen und rechtsstaatlich orientierten Staatswesens.“
In der gerichtlichen Durchsetzung subjektiver öffentlicher Rechte liegt die entscheidende Bedeutung. So garantiert Art. 19 IV GG nur demjenigen den Rechtsweg, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Die Geltendmachung subjektiver öffentlicher Rechte ist zudem Zulässigkeitsvoraussetzung bestimmter Rechtsbehelfe (RdNr. 462 ff.). Die erfolgreiche Anfechtungsklage fordert zudem neben der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung, dass der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 I 1 VwGO).