Читать книгу Allgemeines Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtsschutz - Holger Weidemann - Страница 38
3.9.3E-Government-Gesetz (EGovG)150
Оглавление72dZiel dieses Gesetzes ist es, durch den Abbau bundesrechtlicher Hindernisse die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung zu erleichtern. Derzeit kommt es bei zahlreichen Verfahren, für die Schriftformerfordernisse bestehen, Nachweise in Papierform eingereicht werden oder noch behördliche Akten in Papierform geführt werden müssen, zu Medienbrüchen. Diese Medienbrüche sind für alle Beteiligten teuer und erhöhen den Ressourcenverbrauch erheblich. E-Government ist nun ein Mittel, um die Verwaltung effektiver, bürgerfreundlicher und effizienter zu gestalten. Der Gesetzgeber nutzt diesen Begriff im Sinne der Speyerer Definition und versteht darunter die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informationstechniken über elektronische Medien.151 Wesentlicher Inhalt dieses Gesetzes ist:
– Verpflichtung der Verwaltung zur Eröffnung eines elektronischen Zugangs und zusätzlich eines De-Mail-Zugangs (§ 2)
– Informationen zu Behörden und ihre Verfahren in öffentlich zugänglichen Netzen (§ 3)
– Erleichterung bei der Erbringung von elektronischen Nachweisen und der elektronischen Bezahlung in Verwaltungsverfahren (§§ 4 f.)
– Grundsätze zur elektronischen Aktenführung und Akteneinsicht (§§ 6 ff.)
– Verpflichtung zur Optimierung von Verwaltungsabläufen (§ 9)
– Erfüllung von Publikationspflichten in elektronischer Form (§ 14)
Der Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt sich primär auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 1 I). Das EGovG gilt aber auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht ausführen (Abs. 2). Diese Bestimmung orientiert sich an vergleichbaren Bestimmungen des VwVfG. Ausführung von Bundesrecht im Sinne dieser Vorschrift meint entweder Ausführen als eigene Angelegenheit des Landes (Art. 84 GG; Beispiele: Ausführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder der Gewerbeordnung152) oder Ausführungen im Auftrage des Bundes (Art. 85, 108 GG; Beispiel: Ausführung des Bundesfernstraßengesetzes). Der Anwendungsbereich des Gesetzes erstreckt sich auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit und weist insoweit über den engen Begriff des Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 9 VwVfG hinaus. Im Einzelfall werden unter öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit auch behördeninterne Verwaltungstätigkeit erfasst (siehe z. B. §§ 6, 7 oder 9153). Das EGovG gilt dagegen nicht, soweit Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder aber entgegenstehende Bestimmungen enthalten (§ 1 Abs. 4 [sog. Kollisionsregelung]). Soweit eine entsprechende Rechtsvorschrift etwa eine Bestimmung zur elektronischen Verwaltung enthält, geht diese vor. So wird sichergestellt, dass den besonderen Anforderungen ausgewählter Rechtsmaterien Rechnung getragen werden kann (z. B. in den Sozialgesetzbüchern oder in den Steuergesetzen). Enthalten Rechtsvorschriften des Bundes für einen Bereich des besonderen Verwaltungsrechts dagegen keine Regelungen zur elektronischen Verwaltung, gilt das EGovG ergänzend. Gegenüber dem VwVfG gehen die Bestimmungen des EGovG vor.154 Dagegen sind Regelungen des SGB I und des SGB X zum Sozialdatenschutz gegenüber diesem Gesetz vorrangig.155 § 1 V EGovG enthält einen abschließenden Katalog von öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeiten, für die dieses Gesetz nicht zählt. Erfasst wird hier u. a. die Bereiche Strafverfolgung, Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und Verwaltungstätigkeiten nach dem SGB II.
Soweit der Anwendungsbereich des EGovG reicht, verdrängt § 2 des Gesetzes den Grundsatz der Zugangseröffnungsfreiheit nach § 3a VwVfG. Die bisher – auch für die öffentliche Verwaltung – bestehende Zugangseröffnungsfreiheit entwickelt sich zur Zugangseröffnungspflicht. § 2 I EGovG ist damit lex specialis gegenüber § 3a VwVfG.156
Auch wenn es sich bei dem EGovG um eine bundesrechtliche Vorgabe handelt und es dem Bund nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes verwehrt ist, die Verwaltungsverfahren der Länder zu regeln, darf der Modellcharakter dieses Gesetzes nicht unterschätzt werden. Schrittweise nähern sich auch die Bundesländer mit eigenen rechtlichen Regelungen diesem Thema an.157