Читать книгу Rayan - Im Auge des Sturms - Indira Jackson - Страница 15
2005 - Zurück in Alessia - Späte Erkenntnis
ОглавлениеDas Wiedersehen zwischen Raschid Aziz und Taib verlief herzlich. Beide Männer hatten bereits die Hoffnung aufgegeben, sich jemals wiederzusehen. Mit einem zunehmenden Maß an Verlegenheit hörte der frisch Gerettete die Geschichte des plötzlichen Erscheinens des Scheichs in der Kanzlei und seine spontane Hilfsbereitschaft. Dann gab Raschid noch einige andere erstaunliche Erzählungen über Rayan zum Besten und je mehr Taib hörte, desto mehr begann er, sich bezüglich seines Verhaltens zu schämen.
Einen Tag später tauchte Leila dann unvermittelt bei ihnen auf. Sie wollte unbedingt die Geschichte von Sara hören. Sie konnte keinen Frieden finden, solange sie nicht im Detail erfuhr, wie es ihrer Freundin ergangen war. Vergeblich hatte sie Rayan bekniet, mit ihr zu kommen, und sie hatten sich fast gestritten, weil sie ihm vorwarf, sich nicht mehr für Sara zu interessieren. Doch der Scheich hatte genug von dem undankbaren Anwaltsgehilfen.
Und so erzählte Taib im Beisein von Raschid und Leila seine Geschichte:
Wie sie bereits vom Vater gehört hatten, war Sara schwanger. Für Taib die schönste Nachricht seines Lebens. Er wollte entsprechend ihre Pläne zu heiraten beschleunigen. Eigentlich hatten sie warten wollen, bis Sara mit dem Studium fertig war und einen Beruf gefunden hatte.
Sie waren so sehr in ihrem Glück gefangen, dass ihnen die geschockte Reaktion von Saras Vater entging. Beziehungsweise hatten sie unterschätzt, wie sehr dieser seinen Ruf bedroht sehen könnte. Als dann Sara eines Tages plötzlich verschwunden war, begab sich Taib sofort auf die Suche nach ihr. Der Vater sah die Chance, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und ließ die Information durchsickern, wo Sara hingebracht worden war. Im Lager Mahmouds kam es zur Auseinandersetzung. Es war der Banditenanführer selbst, der schließlich sein Messer zog, um Taib zu töten. Im letzten Moment warf sich Sara in seinen Arm, um ihren Geliebten zu retten. Die Klinge drang in ihren Körper ein und tötete sie auf der Stelle. Wutentbrannt über den Verlust seiner neuen Ehefrau, für die er schließlich bezahlt hatte, beschloss Mahmoud Taib als Sklaven abzurichten und auf dem nächsten Markt zu verkaufen. Dessen Sturheit hatte ihm aber das Leben zur Hölle gemacht, bis Rayan ihn befreit hatte.
Eine Weile schwiegen alle drei.
Dann sagte Taib etwas verlegen: „Und ich habe es Rayan gedankt, indem ich ihn auch noch beleidigt habe.“
Sowohl Leila als auch Raschid sahen ihn mit großen Augen an. Als Taib dann kleinlaut gestand, was er ihm an den Kopf geworfen hatte, wurde Leila wütend: „Du bist der dümmste Esel, der hier herumläuft. Hätte ich das gewusst, hätten wir dich in der Wüste verrotten lassen! Und ich streite mich fast mit Rayan, weil er keine Lust hatte, mit hierher zu kommen. Jetzt weiß ich wieso. Was hat Sara eigentlich an dir gefunden!“
Tränen blitzten in Leilas Augen und Taib verstand die Welt nicht mehr. Sicherlich, er hatte sich schlecht benommen, aber das war es doch nicht wert, deswegen so ein Theater zu machen?
Als Leila schließlich aufsprang, um zu gehen, hielt Taib sie zurück: „Leila bitte. Was hab ich denn falsch gemacht? Bitte sag es mir!“
„Weißt du Taib, eines Tages erzähle ich dir vielleicht MEINE Geschichte. Dann wirst du sehen, dass auch ich mein Leben Rayan verdanke. Und in der Zwischenzeit kann ich dir nur empfehlen, dich über den Mann, den du da so schnell abgeurteilt hast, besser zu informieren.“
Als sie schon fast zur Tür hinaus war, wendete sie sich noch einmal um: „Ich habe gehört, du könntest ein guter Anwalt sein – jetzt weiß ich: Das bist du NICHT! Denn du lebst keineswegs nach dem Grundsatz: ‚unschuldig, bis das Gegenteil erwiesen ist‘. Und jetzt leb wohl!“
Taib starrte noch eine ganze Weile auf die geschlossene Tür.