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02.02.2015 - München: Flughafenhotel - Eine weitere Einladung

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Miriam konnte es nicht fassen. Das ganze Ausmaß des abgekarteten Spiels, dessen Teilnehmerin sie unfreiwillig heute Nachmittag geworden war, hatte sie nun nach und nach erst durchschaut.

Kaum am Flughafen angekommen, waren sie direkt dort zum Hotel gegangen, wo der Scheich an der Lobby seelenruhig einen Umschlag in Empfang nahm, der seine Wertsachen wie seine Breguet-Uhr, Papiere, Handy, Kreditkarten und Bargeld enthielt.

In ihrem Beisein rief er mit diesem Mobiltelefon seine Männer an und informierte sie, dass „alles wie geplant gelaufen sei“.

Dann ließ er sie durch einen Angestellten des Hotels hinauf ins Restaurant geleiten. Er selbst wolle sich kurz frischmachen, schließlich trug er noch immer seine vom Niederknien durchweichte und wieder getrocknete Hose. Also suchte er zuerst ein ebenfalls vorreserviertes Zimmer auf.

Als sie alleine am Tisch saß, kamen ihre Zweifel wieder. Dieser ihr vollkommen unbekannte Mann hatte heute Nachmittag eine unglaubliche Show abgezogen – teilweise auf ihre Kosten! Wollte sie wirklich nun hier mit ihm sitzen? Würde er überhaupt wiederkommen, oder war das womöglich auch noch Teil seines Spiels?

Sie nutzte die Zeit, um in ihrem Handy via Internet einige Informationen über Scheich Rayan Suekran herauszufinden. Was sie fand, ließ in ihr den Wunsch wachsen, sie hätte diesem Abendessen niemals zugestimmt. Mit einem Schlag wurde ihr klar, dass sie es mit einem der einflussreichsten Männer ihrer Heimat zu tun hatte. Und nicht nur dort, auch hier in München schienen durchaus wichtige Persönlichkeiten nach seiner Pfeife zu tanzen. Gerade wollte sie aufstehen, um ganz schnell das Hotel zu verlassen, da stand Rayan plötzlich wie aus dem Nichts neben ihr. Sie hatte ihn nicht kommen hören.

Er lächelte sie so strahlend an, dass sie völlig vergaß, was sie gerade hatte tun wollen.

Und wie sehr hatte er sich verändert! Offenbar hatte er geduscht und sich völlig neu eingekleidet. Sein guter Geschmack bei der Wahl seiner Kleidung beeindruckte sie. Eine schlichte, aber elegante und perfekt zugeschnittene schwarze Stoffhose und ein dunkelblaues Hemd, darüber ein hellgraues Sakko, das genauso wenig wie der Rest seiner Kleidung von der Stange zu sein schien.

„Vielen Dank für Ihre Geduld. Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen“, begrüßte er sie galant. Der Duft seines teuren Rasierwassers stieg ihr in die Nase.

„So aus der Nähe wirkt er überhaupt nicht gefährlich, was habe ich mir vorhin nur eingebildet“, dachte sie. Dann hatte sie plötzlich wieder eine Erinnerung vor ihrem geistigen Auge – eine Erinnerung an heute Nachmittag. Den wütenden Rayan. Wie er den Kommissar angeschaut hatte. Seine eiskalten Augen. Die Augen eines Mannes ohne Skrupel. Und auf einmal fröstelte sie.

Prüfend sah Rayan sie an. Ahnte er, was in ihr vorging?

„Ist Ihnen kalt?“, fragte er sie spöttisch, was ihren Verdacht bestärkte, dass er ihre Gedanken erriet. Und trotzig antwortete sie: „Nein, alles in Ordnung.“ Sie würde das hier hinter sich bringen. Flucht war keine Option. Das käme aufgeben gleich und dazu war sie zu stolz.

Zufrieden bemerkte Rayan ihre Entschlossenheit und ließ es damit auf sich beruhen. Er nahm ihr gegenüber Platz und orderte die Speisekarte.

Mit positivem Erstaunen stellte Miriam während des Essens fest, dass es einfach war, sich mit Rayan zu unterhalten. Egal ob Smalltalk oder seine vielen Fragen über ihre Familie, ihr Leben in München, ihre Karriere bei der Polizei – immer hörte er ihr genau zu. Ihre Antworten schienen ihn tatsächlich zu faszinieren – er stellte die Fragen offenbar nicht nur aus Höflichkeit, sondern aus echtem Interesse an ihrem Leben. „Was für ein widersprüchlicher Mann!“, ging es ihr durch den Kopf.

Die Polizistin in ihr registrierte, dass sie aufgrund seiner Fragen kaum dazu kam, selbst welche zu stellen. Doch sie genoss es, vor allem nach der Schmach heute Nachmittag, viel zu sehr, zur Abwechslung einmal sich selbst reden zu hören, als dass sie daran etwas hätte ändern wollen. Der Grund, warum sie solo war, war, dass sie sich von ihrem egozentrischen, deutschen Freund erst vor kurzem getrennt hatte, weil dieser an nichts anderem als seinem eigenen Wohl interessiert gewesen war. Sie hatte die Nase voll gehabt von dessen „Ich möchte dies“ und „mir ist wichtig, dass …“.

Bei ihrem Gegenüber konnte sie endlich einmal über ihre eigenen Gefühle sprechen. Ein paarmal fragte sie sich, ob sie naiv war, nach den Erlebnissen des Nachmittags so viel von sich und ihrem Seelenleben zu verraten. Aber der Scheich hatte sie bald überzeugt, dass dies nur eine Rolle gewesen war, die er entgegen seiner inneren Einstellung hatte spielen müssen.

Viel zu schnell war auch der Nachtisch verspeist.

Auf einmal sah Rayan sie über den Tisch hinweg eindringlich an. „Du hast nun zwei Möglichkeiten Miriam – deine Wahl, wie versprochen!“ Er lächelte sanft und harmlos.

„Harmlos?“, fuhr es ihr durch den Kopf. Die Spannung knisterte nur so in ihr! Nervös erwiderte sie seinen Blick und wartete atemlos, was nun folgen würde.

„Möglichkeit eins: ich zahle nun, begleite dich noch hinunter in die Lobby und wir verabschieden uns dort“, sagte er langsam und deutlich – jedes Wort wirken lassend.

„Möglichkeit zwei, ich zahle nun, begleite dich hinunter in mein Zimmer und wir verabschieden uns erst später“, er machte eine Pause, „danach“.

Rayan - Im Auge des Sturms

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