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02.02.2015 - München: Flughafenhotel - Der Abschied

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Leise, um Miriam nicht zu wecken, erhob sich Rayan und ging ins Badezimmer. Er duschte und kleidete sich dort an. Es war 21 Uhr und in einer Stunde ging sein Flug nach Dubai, von wo aus er dann einen weiteren Flieger nach Alessia nehmen würde. Er musste also los. Nachdem er außer Hanifs Gewehrkoffer, den er mit in die Kabine nehmen würde, keinerlei Gepäck hatte und es nur wenige Minuten Fußweg bis zum Gate waren, war er zeitlich genau richtig, ohne zu sehr hasten zu müssen.

Zurück im Schlafraum zog er sein Sakko über, steckte Geldbeutel und Ausweise ein und legte seine Armbanduhr an. Dann beugte er sich zur im Bett liegenden Frau hinunter, küsste sie sanft auf ihre Wange.

„Schlaf noch so lange, wie du möchtest, das Zimmer ist ohnehin bis morgen früh bezahlt. Danke für die wunderbare Zeit! Ich habe meine Handynummer in dein Mobiltelefon eingespeichert. Ruf mich an, wenn du einmal etwas brauchst oder in Schwierigkeiten bist. Du bist eine wirklich außergewöhnliche Frau!“

Miriam murmelte etwas, das er nicht verstand, dann war sie bereits wieder erschöpft eingeschlafen.

Nach dem Essen hatten sie sich mehrmals leidenschaftlich geliebt, dann war Miriam in seinem Arm ins Land der Träume abgedriftet. Neidisch hatte er sie eine Zeitlang beobachtet, bis es Zeit war, aufzubrechen.

Er meinte, was er zu ihr gesagt hatte und ihm ging es dabei nicht um den Sex, den sie gehabt hatten. Auch dieser war durchaus ein Erlebnis gewesen. Aber was Miriam ihm von ihrem Leben erzählt hatte, hatte ihm verraten, dass sie es nicht leicht gehabt hatte und es nur aufgrund Ausdauer und Durchhaltevermögen bis hierher geschafft hatte.

Nachdem er selbst nach seiner Flucht aus Zarifa im Alter von 16 Jahren ohne jegliche finanziellen Mittel auf sich allein gestellt gewesen war, wusste er Miriams Lebensweg zu schätzen.

Rayan gab normalerweise keiner der Frauen, mit denen er Sex gehabt hatte, danach seine Telefonnummer. Aber Miriam hatte ihn beeindruckt. Sollte sie jemals Probleme haben, würde er zu seinem Wort stehen und ihr nach Möglichkeit helfen.

Lächelnd schloss er leise die Zimmertür hinter sich und machte sich auf dem Weg zum Flugsteig. In knapp acht Stunden würde er morgen früh in Dubai landen. Aufgrund der Zeitverschiebung war der Touchdown um 8 Uhr morgens. Die Aussicht auf einen Linienflug begeisterte ihn zwar nicht besonders, aber vielleicht konnte er ja nun etwas schlafen.

Miriam dagegen schlief tief und fest bis zum folgenden Morgen durch. Sie hatte phantasiereiche, aber durchaus angenehme Träume. Ein wenig enttäuscht wachte sie morgens alleine auf.

Dunkel erinnerte sie sich an seine Worte und prüfte sofort nach, ob sie wirklich Besitzerin eines neuen Telefonbucheintrags in ihrem Handy war. Und tatsächlich fand sie Rayans Nummer auf Anhieb.

Sie überlegte, ob sie ihm eine Nachricht zukommen lassen sollte, zögerte aber, was sie schreiben könne, ohne sich lächerlich zu machen. „Danke“? Nein ganz sicher nicht! „Es war schön“? Wie abgedroschen!

Was hatte er zu ihr gesagt, als er gegangen war, vielleicht konnte sie darauf Bezug nehmen? Doch sie konnte sich nur vage daran erinnern, weil sie viel zu sehr verschlafen gewesen war. Irgendetwas über das Zimmer, das bezahlt sei …? Ja, das war es gewesen. Aber dazu etwas schreiben? Nein.

Dann fiel der Polizistin in ihr etwas anderes auf: nicht etwa das, WAS er gesagt hatte, sondern WIE er es gesagt hatte! Und grinsend tippte sie die Worte in ihr Display: „Guten Morgen. Du hast einen Fehler gemacht! Jetzt kenne ich ein weiteres Geheimnis von dir: dass du unter anderem sehr gut Deutsch sprichst … LG Miriam“

Bereits kurze Zeit später erhielt sie seine Antwort – ebenfalls in Deutsch geschrieben: „Du hast mich ertappt.“ Der Rest des Textes war in Arabisch, eine Grußformel und gute Wünsche.

Miriam musste lächeln. Dieser mühelose Wechsel der Sprache war so typisch für ihn. Aber der deutsche Teil rief Zweifel in ihr hervor: War es wirklich ein Versehen gewesen, dass er Deutsch gesprochen hatte?

Dann merkte sie, dass das genau seine Absicht gewesen war – sie zu verwirren. Und erneut war sie ihm auf den Leim gegangen. Lächelnd duschte sie sich, zog sich an, gönnte sich noch ein ausgiebiges Frühstück und machte sich auf den Weg zur Arbeit.

Als ihre Kollegen ihre ausgesprochen gute Laune bemerkten, wollten sie sie mit allerlei anzüglichen Bemerkungen über ihren gestrigen Tag necken. Es hatte sich natürlich herumgesprochen, warum sie so kurzfristig zu diesem besonderen Fall gerufen worden war.

Doch sie nahm ihnen allen den Wind aus den Segeln, indem sie antwortete: „Was wollt ihr? Ich habe luxuriös gegessen und hatte danach den besten Sex meines Lebens!“

Sprachlos starrten ihre Kollegen sie an. War das ihr Ernst? Und wenn ja, warum teilte sie es ihnen so offen mit? So brachten ihre Bemerkungen die Kollegen zum Schweigen und die Männer zum Grübeln. Das hatte sie von Rayan gelernt.

Grinsend machte sie sich an ihre Arbeit.

Rayan - Im Auge des Sturms

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