Читать книгу Die Verlorene Form - wie zwölf dänische Königspferde zu einem Guss wurden - Inka Benn - Страница 11

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Es war vereinbart worden, dass Adoree bei der Ankunft Madame Pompadours bereits als Modell auf dem Podest sitzen sollte. Saly hoffte auf den ersten Eindruck dieses Bildes, das sich in den Besuchern verfestigen würde. Außerdem wäre die weitere Anwesenheit Adorees dadurch gesichert. Er brauchte ihre moralische Unterstützung auf jeden Fall. Vorab hatten sie sich zusammen die Situation ausgemalt und dementsprechend ihr Auftreten geplant. Adoree hatte ihm erklärt, dass die erwarteten zehn bis fünfzehn Begleiterinnen zwar zum engsten Kreise gehörten, aber nicht unbedingt dem höheren Adel entstammten. Sie seinen die sogenannten „Intimes“ der Marquise de Pompadour. Diese habe ihre speziellen Damen allein deswegen auserkoren, damit sich der gesamte Klatsch und Tratsch schneller verbreite. Selbst zum König würden die meisten Episoden durchdringen, so dass er sich immer mit seiner verflossenen Mätresse zu beschäftigen habe. Man behauptet, Madame bediene sich dieser Propaganda ganz bewusst, damit sie immer in aller Munde sei. Auch schüre sie selber jegliche Spekulationen, um ihren Einfluss zu behalten. Adoree fügte hinzu: „Meine Mutter erkläre mir vor einiger Zeit das Wesen der Madame Pompadour: Sie betreibe eine Art Geschäft, in dem sie selber die Ware sei. Um nicht zu vergehen, müsse sie ständig Interesse erzeugen. Aufschlussreich, nicht wahr?“ Sie, Adoree, glaube persönlich allerdings nicht, dass Madame die Anwesenheit ihrer vielen Hofdamen zusage. Allein wegen ihrem angegriffenen, gesundheitlichen Zustand müsste sie sich doch eigentlich mit nur ein bis zwei Vertrauten wohler fühlen.

Der Zeitpunkt nahte. Jean hatte man in den Hauptflur geschickt. Dort sollte er unbemerkt auf der Lauer liegen und schnellstmöglich das Eintreffen der Pompadour melden. Im Atelier saß Adoree bereits voll ausstaffiert auf dem Podest und Saly wanderte unruhig auf und ab.

Sie harrten gespannt der Dinge. Nichts war extra hergerichtet worden, da man davon ausging, dass die Dienerschaft der Madame für das leibliche Wohl sorgen und sonstige Wünsche erfüllen werde. Um den Bildhauer innerlich zu stärken, hatte Adoree hatte ihm angeraten, sich ganz auf die Ernsthaftigkeit seines Talents zu verlassen. Das würde der in Kunstdingen versierten Marquise am meisten imponieren.

Endlich hörte man draußen eilige Schritte. Der atemlose Jean erschien in der Tür. Sodann begann Saly letzte Hand am Modell anzulegen und sich für den Empfang zu sammeln. Jean teilte seinem Herrn mit, er habe nicht sehen können, wie viele Leute kämen.

Nur einen kurzen Augeblick später wurde geklopft und die Tür geöffnet. Ein Lakai trat ein und meldete die Ankunft der Marquise de Pompadour.

Ihr Auftritt war unspektakulär. Ihr folgte nur eine Begleiterin, eine ältere Dame, die, wie Adoree nachher feststellte, eine Tante sei. Damit hatte keiner gerechnet. Bevor man sie gebührend begrüßen konnte, steuerte die Madame geradlinig auf das Atelier zu. Eingehend betrachtete sie das Mädchen auf dem Podest. Ihr Gesicht wirkte unbewegt. Alsdann wandte sie sich an Saly und blickte ihm direkt in die Augen. Bevor sie ihm die Frage stellte, wies ihr Kinn provokativ auf das Modell:

„Ist das die Positur? Ein niedlicher Einfall für ein hübsches, junges Ding.“

In Saly stieg Röte auf. Am liebsten wäre er im Erdboden versunken. Sie schien ihn völlig zu missverstehen. Weder war ein Vergleich mit Adoree beabsichtigt noch sollte irgendetwas angedeutet werden. Sein Konzept ging nicht auf. Was sollte er entgegnen? Madame näherte sich dem Mädchen, fasste vorsichtig deren Kinn und drehte das Gesicht behutsam zu sich. Beide Frauen sahen sich an. Der Blick der Pompadour veränderte sich. Er wurde weich:

„Mein Kind, steh auf. Wir müssen das gemeinsam schaffen. Man wird sie nicht durch eine manieristische Pose blenden können. Wir müssen etwas mir Angemessenes finden. Schau mich an, wie würdest du mich beschreiben?“

Adoree blieb nur die kurze Zeit während des Abstiegs vom Podest, um sich eine Antwort auszumalen. Am besten wäre es, wenn sie frei heraus spräche. Sie persönlich hatte nichts zu verlieren, deshalb blieb sie gefasst. Man merkte ihr an, wie ernst sie die Order nahm.

„Madame sind außergewöhnlich schön. Ihr wisst darum und tragt eure Erhabenheit als Maske. Das macht euer Gesicht unbeweglich und lässt es jünger erscheinen. Die Augen sind wachsam und lebendig, bereit entflammt zu werden. Während dem wirkt ihr weise. Die Haltung ist gerade und bemüht, als trüget ihr oft schwere Lasten. Den Körper bedeckt ein Mantel aus Souveränität. Madame verteilen ihre bestechenden weiblichen Reize wann und wie sie wollen. Und Madames Seele? - Eine Aura aus Licht.“

Adoree endete abrupt und hielt sich die Hand vor den Mund, weil sie sich ihrer anmaßenden Rede gewahr geworden war. Bevor die Pompadour reagieren konnte, mischte Saly sich ein:

„Madame müssen verzeihen, ein junges Mädchen bei außergewöhnlichem Verstand und mit besonderem Sinn für die Kunst hat sich vor euch vergessen.“

Wie schnell ihm die Entschuldigung für Adoree über die Lippen gekommen war, wurde ihm kaum bewusst. Die Pompadour blickte ihn an:

„Nein, Monsieur Bildhauer, nein, ganz und gar nicht hat sie sich vergessen. So aufrichtig, wie sie alle Mal sein konnte, entsprang ihrer Impression die Wahrheit. Noch nie hat mir jemand so untadelig den Spiegel vorgehalten! Beherzigt ihre lautere Illustration, Monsieur Saly, und legt sie in unser Werk hinein!“

Sie küsste Adoree freundschaftlich auf die Wangen:

„SIE soll mich in Positur setzen!“

Saly verneigte sich und gab den Wunsch an Adoree weiter. Diese führte Madame zum Podest und half ihr hinauf. Währenddessen flüsterte die Dame dem Mädchen etwas zu:

„Ich hoffe, dein Monsieur Bildhauer hat uns verstanden. Sonst taugt er nichts!“

Adoree musste nicht antworten, denn die Mätresse des Königs hatte schon Platz genommen. Kerzengerade und mit starrem Blick. Adoree musste lachen. Das Mädchen begann behutsam mit dem Formen des versteiften Körpers.

Zur Untätigkeit verdammt, konnte Saly nach kurzer Zeit nicht anders, als sich einzumischen:

„Den Oberkörper aus der Hüfte noch ein wenig nach links. So, ja. Wenn der Kopf entgegengesetzt nach rechts gedreht würde. Nun ein wenig im Nacken abkippen. Nein, halte ihr Kinn oben, sie soll es ein wenig vorrecken, nur ein wenig, nicht zu viel – es könnte leicht herrisch wirken. Am besten, sie blickt nach oben, dann streckt sich der Nacken ein wenig und ihre Brust wird auf natürliche Weise angehoben. Ich muss ihre Schlüsselbeine sehen können, kann sie kein geeigneteres Gewand tragen?“

Saly redete sich in Rage und Adoree formte und gestaltete die Figur. Madame Pompadour wurde zur Puppe aus Lehm, weich durch Fühlung aber ein wenig schwer. Ohne sich zu bewegen schlug das Modell vor:

„Lass uns die Kleider tauschen, Kind. Vielleicht könnte Monsieur Saly eine schnelle Skizze von dieser Positur anfertigen, damit wir diese danach wieder genauso einnehmen können?“

Der Bildhauer hatte sich bereits auf Papier und Kohle gestürzt und mit dem Zeichnen begonnen. Die Pompadour registrierte jenes wohlwollend. Dieser Saly dachte mit und stellte sich immer mehr als Fachmann heraus. Die Sache begann ihr Spaß zu machen.

Bei ihrer Ankunft trug die Pompadour eine schlichte, dunkelblaue Robe. Darunter verbarg sich ein schweres, taubengraues Taftensemble, mit wenig ausladendem Reifrock und vergleichsweise geschlossenem Kleid. Sie trug keine Perücke und die Frisur war unaufdringlich gesteckt. Offensichtlich hatte Madame sich vorher Gedanken über ihr Erscheinungsbild gemacht. Entgegen der Ausstaffierung beim Sitzen vor den Malern hatte sie für den Bildhauer etwas gewählt, was ihre Persönlichkeit unterstrich, ohne diese manieristisch zu verändern oder in einen anderen Zusammenhang zu rücken. Sie hatte auf historischen Pomp oder modernen Schick verzichtet.

Adoree beorderte Saly und Jean aus dem Atelier und ließ die Türen schließen. Dann winkte sie die Tante und Lisette herbei, welche beim Umkleiden behilflich sein sollten. Lisette half Madame vom Podest herunter. Die vier Frauen verschwanden flux hinter dem Paravant. Das unverkennbare Kleiderrascheln wurde von lautem Kichern begleitet. Adoree kommentierte zwischendurch:„Madame sehen noch jünger aus, wenn sie lacht! Und das Italienische Kleid, welch ein Zierde!“ „ Oh, ja, weiß steht dir ausgezeichnet! Warten sie, Adoree, ich helfen ihnen mit dem Reifrock!“

„Ich fühle mich so befreit, in diesem Gewand. Ein so luftiger Stoff!“

„Na, das ihre macht zwar eine gerade Figur, aber engt doch sehr ein. Kaum bekomme ich Luft. Lassen sie bitte zwei der hinteren Knöpfe lose!“

„Ist die Frisur so richtig? Wie ringelt man diese Löckchen an der Seite?“

Die Tante erschien als erste wieder auf der Bildfläche:

„Seid ihr beiden fertig? Dann öffne ich jetzt die Tür zum Saal, damit ihr in den Spiegel schauen könnt!“

Als die beiden Frauen hinein schwebten, standen Saly und Jean an der hinteren Fensterfront und blickten angestrengt in den Garten. Belustigt posierten die Damen vor der Spiegelwand. Nach einigen „Ahs“ und „Ohs“ meinte die Pompadour verschmitzt zu Adoree:

„Meinst du, wir können den beiden Herren unsere Verwandlung zumuten? Meine Herren, drehen sie sich bitte um!“

Beide taten, wie befohlen. Saly brachte seine Anerkennung spontan zum Ausdruck:

„Welch schlichte Eleganz! Welch Erhabenheit! Nicht nur Aphrodite erkenne ich, nein auch eine Kaiserin!“

Die Marquise bemühte sich um verführerische Blicke und Adoree senkte gebieterisch das Haupt.

Man setzte das Modell unter Anleitung Salys wieder zurecht. Der Bildhauer huschte mit der Skizze um beide Frauen herum. Die Atmosphäre war gelöst und heiter. Jean und Lisette hatte man nach einem Imbiss geschickt, die Tante machte es sich im Saal bequem und las ein Buch. Die Pompadur fragte unbeweglich:

„Warum arbeiten ihr im Verborgenen hinter der Wand, Moniseur Saly? Birgt seine Kunstfertigkeit so viele Geheimnisse, dass man ihm nicht zusehen darf?“

Saly räusperte sich. Unsicher wog er ab, ob er sich der Dame anvertrauen sollte. Adoree kam ihm zuvor:

„Oh, Madame, wir hatten befürchtet, ihr würdet mit eurem gesamten Staat erscheinen. Das wäre doch ein wenig viel für Monsieur Saly geworden!“

Saly schaltete sich ein:

„Es schien mir angebracht, zunächst das Augenmerk auf das Modell lenken. Deswegen habe ich Adoree als Double ausgewählt und sie drappiert. War es nicht zu befürchten, dass lange Diskussionen über die Positur entstehen könnten? Dem musste man entgegen wirken. Bereits der erste Eindruck sollte bestechen und die Zuschauer gefangen nehmen. Es war ja nicht zu ahnen, dass Madame in Begleitung lediglich einer Person erscheinen würde.“

Die Pompadour lachte.

„So, so, Moniseur Saly hatten keine Angst vor mir, sondern vor meiner Bagage! Das hört man gerne!“

Sie hob die Rechte, um jegliche Antwort abzuwehren und erstarrte unvermittelt im Ernst:

„Mein alleiniges Erscheinen hat einen traurigen Hintergrund. Direkt vor meinen Augen fand ein geschmackloses Drama statt,“ sie stockte, „ eine Art Kindesmord war dessen Pointe - allerdings handelte es sich um ein Hündchen, ein kleiner Spaniel wie meine Mimi. Unbeschreiblich, wie unmittelbar die Tat geschah. Hingegen Routine auf der Bühne. Unbeirrbare Schauspieler, verhaftet in ihren Rollen. Durch diesen abscheulichen Mord offenbarte sich mir die Impertinenz dieser Parvenues aufs Neue.“

Sie schluckte in die Stille hinein.

„Der Vorhang fiel, weil ich es wollte. Schluss und Ende.“

Die Tante rief von drüben:

„Sie hat sie raus geschmissen – Alle! Gut gemacht, meine Liebe!“ Betreten schauten Saly und Adoree zu Boden. Die Pompadour jedoch begab sich, als sei der Exkurs vergessen, zurück in die alte Pose und forderte:

„Allez, allez, Moniseur Bildhauer – walten sie ihrer Kunst!“

Schon bald konzentrierte man sich nur noch auf die Arbeit. Saly hatte seine Trutzburg verlassen, umkreiste das Modell und zeichnete wie besessen. Er glich einem wilden Tier, das man aus dem Käfig befreit hatte. Obwohl es ihnen untersagt worden war, flüsterten Madame Pompadour und Adoree miteinander. Sie machten sich über sein Auftreten lustig, weil so ein Gebaren kaum zu diesem gesetzten Mann passen wollte.

„Hier kommt sein wahres Temperament zum Vorschein! Ein richtiger italienischer Maestro!“

„Wer weiß, was er noch im heißen Süden gelernt hat!“

„Na, na Kindchen, nicht so frivol – er ist sowieso zu alt für sie!“

„Aber dafür wie mein Vater!“

„Sie haben einen italienischen Vater?“

„Ja, aber ich kenne ihn nicht. Er ist Dirigent. Einst sang meine Mutter sang unter seiner Regie...“ „Dann haben wohl beide ziemlich intensiv gesungen und dabei so etwas schönes wie dich fabriziert!“

Adoree kicherte.

„Ich habe mit Monsieur Saly eine Abmachung getroffen: Ich helfe ihm mit den Gepflogenheiten am Hofe und erfahre dafür von ihm alles über Italien!“

„Oh ja, Italien ist wunderschön. Mein Bruder berichtete mir ausführlichst darüber. Schade nur, dass ich selten abkömmlich bin – und meine angeschlagene Gesundheit – obwohl, das warme Klima würde mir gut tun... wenn ich mich entschließen sollte, einmal in den Süden zu fahren, nehme ich sie mit. Versprochen!“

Als Saly einige Skizzen angefertigt hatte, entschloss man sich zu pausieren. Es war ein kleines Mahl im Saal vorbereitet worden und man speiste zusammen. Jean und Lisette aßen draußen auf der Terrasse, sie plauderten ungezwungen in der warmen Mittagssonne. Die Fensterfront stand so weit offen, dass die Natur hineinströmen konnte.

Adoree wirkte glücklich:

„Monsieur Saly, vielleicht werde ich Italien bald mit eigenen Augen sehen! Madame Pompadour war so großzügig, mich einzuladen, falls man eine Reise plant. Ist das nicht wunderbar?“

Saly lies sich von der Freude anstecken und tat wie ein italienischer Fremdenführer, der seiner Reisegruppe die wichtigsten Kulturstätten Italiens zeigt. Man startete in Florenz, machte einen Abstecher in die Paläste der Medici, bummelte über die Ponte Vecchio und landete in den Uffizien. Die ungeheuren Kunstschätze konnten bestaunt werden. Später besuchte man den David des Michelangelo. Die Beschreibung dieser Figur brachte die drei Frauen vor Bewunderung zum Erglühen. Es folgte ein Abstecher in die Mythen der Antike vor der Darstellung des Herkules und Cacus. Dem in der Siegerpose verharrenden Helden zollte man Bewunderung und ließ sich gleichwohl durch die Tat abschrecken: Herkules habe über die wunderbaren Rinder des Geryon gewacht und sei nach einem üppigen Mahl eingeschlafen. Unterdessen habe sich Cacus, ein riesenhaftes Ungeheuer, der besten Tiere bemächtigt und diese, um alle Spuren zu verwischen, an den Schwänzen rückwärts in seine Höhle gezogen. Herkules habe am nächsten morgen, nachdem er den Verlust der guten Tiere bemerkt hatte, ausnahmslos Spuren gefunden, die aus der Höhle führten, aber keine, die hinein gingen. Er habe sich von der List täuschen lassen und die Herde von diesem seltsamen Ort weg treiben wollen. Als einige der Tiere nach den vermissten Artgenossen riefen, habe Herkules lautes Brüllen aus der Höhle gehört. In die Höhle einzudringen sei ihm zunächst nicht gelungen, da Cacus sich dort verschanzt hatte. Weil das Gebrüll der Tiere in der Höhle jedoch so laut war, sei ein Teil der Decke eingestürzt und in diesem Moment habe sich Herkules auf Cacus gestürzt, diesen trotz Gegenwehr gewürgt und ihn schließlich mit seiner Keule erschlagen. Die Damen wirkten aufgewühlt und taten entsetzt. Saly berichtete weiter: Nach der Heldentat habe es eine Opferfeier für Herkules im nachmaligen Rom gegeben.

Er war in Wallungen gekommen. Weil er beim Spielen so intensiv wie ein echter Italiener gestikuliert hatte, lief dem Bildhauer der Schweiß von der Stirn. Die anwesenden Damen klatschten Beifall, beglückwünschten ihn zu seiner Vorstellung und räumten ein, dass sie niemals einen Schauspieler in ihm vermutet hätten. Saly erklärte, die Eindrücke der Kunstgestalten, das Wesen der Italiener und die Atmosphäre der Stadt Florenz, all das habe ihn so in seinem tiefsten Inneren berührt und aufgewühlt, dass es jetzt beim erzählten Erlebnis aus ihm heraus gebrochen sei.

„ Aber sagen sie nun, Monsieur Saly, was soll diese Allegorie uns beibringen? Alle Heldentaten enden mit Blutbädern und man weiß nicht, warum. Vielleicht steckt zu viel des Wesens einer männlichen Schöpfung darin? Ist ein Mann nur ein Held, wenn er tötet? Frauen maßen sich die Entscheidung über Gut und Böse nicht ohne Nachdenklichkeit an. Wir trachten mehr nach dem Gefühl. Somit sind wir sparsam beim Urteilen. Unsere Stärken sind die Worte, durch sie erzielt das Weibliche seine Wirkung. Unser empfindliche Geist wägt das Böse ab und geht dem Ungeheuer auf den Grund. Und statt stumpfsinniger Keulen bedienen wir uns natürlicher Reize. Wir vergöttern den Feinsinn im Mann und der, der uns beipflichtet, ist unser Archetypus. Der geläuterte Deus ex machina.“ Saly fühlte sich ein wenig überrumpelt. Plötzlich war die lockere Stimmung einer anstrengenden gewichen. Wie hatte das so schnell passieren können? Die Madame echauffierte sich immer mehr: „Er muss nicht darauf antworten. Der Exkurs ist rein rhetorisch zu verstehen. Ich weiß absolut, dass Männer ihr Eigentum verteidigen und mehren wollen. Ihr ganzes Streben zielt darauf ab, Ruhm und Ehre zu gewinnen. Glaubt mir, in jedem Mann steckt ein widerlicher Held. Ich muss es wissen, denn schließlich bin ich Mätresse eines Herrschers!“ Dergestalt fand die Interpretation des Mythos' ihr Ende. Adoree griff tröstend die Hand der desillusionierten Frau:

„Er muss ihnen sehr weh getan haben.“

Die Verlorene Form - wie zwölf dänische Königspferde zu einem Guss wurden

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