Читать книгу Li - Isabella Maria Kern - Страница 15
Die Selbstmord-Story
ОглавлениеUm neun Uhr war wie üblich das Morgenmeeting in der Redaktion. Die Besprechung dauerte meistens eine Stunde, in der die Arbeitsaufteilung festgelegt wurde. Chefredakteur, Programmleitung, Chefkoordinator, Sekretärinnen und Reporter waren anwesend. Es war schnell durchgesprochen, wer was zu erledigen und zu bearbeiten hatte. Peter, als Chef der Abteilung „Lokalteil“ teilte sich seine Arbeit immer selbst ein. Er wusste was zu tun war und machte seinen Job hervorragend. Er gewann vor drei Jahren sogar einen Journalistenpreis, denn Peter arbeitete gewissenhaft und penibel. Er versuchte alles wahrheitsgetreu und authentisch zu berichten. Mit seiner Wortwahl bauschte er kleine Ereignisse zu großen Sensationen auf, was ihm eine große Leserschaft bescherte. Am Ende der Besprechung wandte sich der Chefredakteur an Peter und meinte: „Die Sache mit der Prostituierten überlasse ich dir. Ich möchte, dass du dich darum persönlich kümmerst. Solche Sachen interessieren die Leute. Mach eine gute Story daraus.“
Peter blieb überrascht sitzen. In den letzten zwei Jahren hatte ihm der Chef nie einen bestimmten Auftrag erteilt. Er war verwirrt. Warum ausgerechnet jetzt? Nachdem der Chef alle seine Unterlagen in den schwarzen Aktenkoffer gepackt hatte, den er immer bei sich trug, fiel sein Blick auf Peter, der als Einziger noch immer reglos auf seinem Platz saß.
„Warum gerade ich? Das ist doch eine Aufgabe für den Nachrichtenteil, nicht für den Lokalteil.“ Der Chef sah ihn überrascht an. „Aber das ist dein Ding, Peter“, sagte er und sah ihm gerade ins Gesicht. Peter wurde heiß. Wusste er denn, dass er etwas mit der Geschichte zu tun hatte? Peter pokerte: „Aber das ist zu groß für den Lokalteil.“
„Dann bringen wir sie im Hauptteil, aber DU machst die Story!“ Der Chef sah ihn durchdringend an. Peter nickte. Noch nie hatte man ihm aufgetragen, für einen anderen Teil der Zeitung einen Artikel zu verfassen. Das war nicht üblich. Peter erhob sich langsam, so als würde ein schweres Gewicht ihn daran hindern, schnell aufzuspringen und den Raum fluchtartig zu verlassen. Das Ganze wurde immer seltsamer. Die Stimme. Der Auftrag. Peter beschloss, sich einfach zu fügen. Es würde schon für etwas gut sein. Irgendjemand, oder irgendetwas führte mit ihm etwas im Schilde.