Читать книгу Li - Isabella Maria Kern - Страница 7
Zu spät
ОглавлениеBevor das Samstagabendgeschäft so richtig begann, läutete ein gut gekleideter Herr an der goldenen Glocke des Freudenhauses. Es war schon dunkel und er musste eine Weile warten, ehe ihm Beatrice die Tür öffnete. Sie war kreidebleich. Ihre Lippen schimmerten fast blau.
„Hallo, darf man eintreten“, sagte der Herr und hob seinen Hut. Beatrice zog ihren Mantel enger um sich und stellte sich dem Herrn in den Weg.
„Nein. Es ist heute geschlossen.“ Der Herr stutze. Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. Er lächelte sie freundlich an, so als würde er einem Kind etwas erklären wollen.
„Aber Fräulein, die Nacht beginnt doch erst jetzt. Darf ich bitte eintreten?“, fragte er noch einmal, höflich, aber bestimmt. Beatrice wollte ihm die Tür vor der Nase zuschlagen, da stellte er einen Fuß in die Tür. Beatrice schrie kurz auf. Sie schien mit den Nerven völlig am Ende zu sein. Gegen diesen Mann hatte sie keine Chance.
„Aber ich habe ihnen doch gesagt, dass heute kein Betrieb ist. Wir haben geschlossen“, stammelte sie.
„Ach. Ist das nicht etwas seltsam?“
Jetzt war der Herr nicht mehr so freundlich. Er hängte seinen Hut an die Garderobe und Beatrice sah ihm machtlos zu. Sie zitterte. Oben hörte man plötzlich einen Tumult. Der Herr hob den Kopf. Einige Leute schienen aufgeregt Möbel herumzuschieben. Irgendetwas war faul. Der Herr griff in den Mantel und drückte unauffällig auf einen kleinen Knopf, den ihm seine Kollegen eingebaut hatten. Er schob Beatrice zur Seite, die sich auch nicht dagegen wehrte und begann die Treppe nach oben zu gehen, zuerst langsam, die letzten Stufen lief er hinauf. Er war auf alles gefasst.