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Holt ihn her!

System: 1654-Z65-7559-MM08-2884

Interner Systemname: Tauros

Zeitrechnung: Jahr 23 nach der Ankunft (n.d.A.), 32. Woche

Berichterstatter: Thanat

Eyra beim Kampfsporttraining zu beobachten ist eine wahre Wonne. Ihre Bewegungen sind von einer unvergleichlichen Anmut. Ihr Körper dreht und wendet sich kraftvoll und geschmeidig. Eine Freude strahlt aus ihrer Aura und ihrem wunderschönen Gesicht. Ihre intensiven Augen leuchten regelrecht. Sie geht in ihrem Sport auf. Hier findet sie Entspannung. Und ich sollte mich ein wenig bremsen. Ich darf nicht so für sie empfinden.

Wir üben heute hohe Fußtritte. Dabei kommen ihre äußerst langen Beine ausgiebig zum Einsatz. Ihre Fäuste hält sie in Abwehrposition und bereit zum Zuschlagen vor der Brust. Ich bringe meine Hände immer wieder schnell in verschiedene Positionen und sie muss mit ihren Füßen dagegen treten. Das fordert ihre Kraft und ihre Kondition. Aber es kommt kein Wort der Klage über ihre Lippen. Diese Lippen, die ich so gerne betrachte. Wenn sie schmunzelt oder lacht. Wenn sie nachdenklich ist und dabei leicht auf der Unterlippe kaut oder mit mir spricht. Na, aus, reiß dich zusammen, Thanat!

Bald wechselt sie komplett in den Angriffsmodus und attackiert mich mit Händen und Füßen. Ich wehre ihre Angriffe mit meinen mit Pratzen versehenen Händen ab. Ohne, dass sie es mitbekommt, haben die anderen Schüler und ihr Trainer ihre Übungen eingestellt und sehen uns zu. Minutenlang scheucht sie mich über die Matte. Als sie - endlich - keine Luft mehr bekommt, fällt sie mir lachend und schnaufend um den Hals, während ich die Pratzen ausziehe. Ihr Trainer sieht schmunzelnd zu mir rüber. Gerade will er die übrigen Schüler auffordern, mit ihren Übungen weiter zu machen, als die Tür zur Halle geöffnet wird. Vier Typen in dunklen Anzügen betreten sie.

Drei tragen Schusswaffen in ihren Händen. Schnell checke ich ihre Auren. Pechschwarz. Das sind eiskalte, gefühllose Killer. Sadisten der schlimmsten Art. Bar jeder menschlichen Regungen. Bestien. Eyra ergreift meinen Arm und drückt ihn ängstlich. Der Trainer schiebt sich vor die anderen Schüler. Er hebt eine Hand.

„Was wollen Sie hier? Es ist verboten, die Halle mit Straßenschuhen zu betreten.“

Die Gruppe ist bei ihm angekommen. Einer der Finsterlinge sieht den Trainer nur verächtlich an und knallt ihm den Lauf seiner Waffe ins Gesicht. Blut spritzt aus seiner Nase und er taumelt zurück. Ein Schüler fängt ihn auf. Der Mann richtet wortlos seine Waffe auf die erstarrte Gruppe.

Die übrigen Drei gehen die letzten Schritte zu uns. Der Vorderste baut sich vor mir auf. In seinen Augen erkenne ich ein leichtes Erstaunen über meine Körpergröße.

Mit falscher Freundlichkeit in der Stimme spricht er mich an: „Ich soll Sie zu einem Gespräch abholen. Wenn Sie mir bitte ohne weitere Umstände folgen würden.“ Eyra beachtet er nicht. Gut so. Sie ist noch nicht ins Visier zwielichtiger Gestalten geraten, die ein wenig oberhalb des Niveaus von Kurd rangieren. Allerdings mustert ein anderer sie mit unverhohlener Gier.

Ich löse Eyras Hand von meinem Arm und versuche ihr mit einem Blick zu signalisieren, dass alles in Ordnung ist. In ihren Augen lese ich Angst und Verzweiflung. Angst um mich.

Nachdem ich mich den Typen zugewandt habe, sehe ich, dass bei dem, der gerade den Trainer niedergeschlagen hat, die Aura flackert. Ein alarmierendes Zeichen bei solchen Typen. Da steht ein Gewaltausbruch kurz bevor. Ich muss ihn ablenken. Schnell baue ich mich vor dem Wortführer auf und sage für alle verständlich: „Ich komme mit. Aber lassen Sie die anderen in Ruhe. Sonst bekommen wir Stress miteinander.“

Ich lege so viel Drohung in meine Worte, wie ich verantworten kann. Die drei Begleiter des Anführers konzentrieren sich tatsächlich sofort auf mich. Gut. Es zuckt kurz in den Mundwinkeln des Anführers, aber dann nickt er. Sie nehmen mich in die Mitte und führen mich aus der Halle heraus. Eine Welle der Angst trifft mich im Rücken. Die Schüler lösen sich aus ihrer Erstarrung. Ganz deutlich schmecke ich aber die Emotionen von Eyra heraus.

Einer der Verbrecher schließt die Hallentür hinter uns, als wir in einen Vorraum kommen. Plötzlich bleibt der Schläger stehen. Knurrend stößt er hervor: „Die haben zu viel gesehen.“

„Glaubst du, die sagen was? Die haben doch Schiss genug.“

„Trotzdem. Ich mach die eben kalt.“ Seine Worte sind vollkommen ohne Emotionen. Töten bedeutet ihnen nicht mehr, als einem normalen Menschen das Naseputzen.

Der Anführer zuckt nur mit den Schultern. „Mach zügig, ich habe heute Abend noch eine ‚Verabredung‘ mit einer Kleinen in unserem neuen Keller. Die hat ein Fell, sag ich euch.“ Seine Komplizen grinsen ihn wissend an.

„Schade, dass der alte Keller weg ist. Der war viel besser ausgestattet, als der neue. Alleine die ganzen Werkzeuge für nette Brandwunden.“

„Hmm, frage mich auch, wie das Haus so einfach einstürzen konnte.“ Weil sich alle tragenden Wände im Kellergeschoss plötzlich auflösten, du Idiot. Dann kracht so ein Haus ein. Das war der Keller, wohin Eyra entführt werden sollte. Dass beim Einsturz des Gebäudes ein paar der Perversen gerade darin waren… tja. Wenigstens waren die „Spielzeuge“ vorher rausgekommen.

„Echt Scheiße, der war richtig gut. Da konnten die Kleinen so laut schreien, wie sie wollten. Konnte keiner hören. Der Jüngste von T hatte wohl was Besonderes aufgetan. Soll optisch ein Kracher gewesen sein. Hätte ich zu gerne durchgezogen.“ Mir schwillt der Kamm. Ich denke, ich weiß, wer der „Jüngste von T“ ist und wen sie mit „Kracher“ meinen.

„Sagt mal, bevor ich die Gruppe kalt mache … Habt ihr die Lange gesehen? Hat was, oder?“

Was mache ich mit den Killern? Die Auren verraten mir eine akute Bereitschaft zum Töten. Wenn ich sie nicht aufhalte, bringen sie die Trainingsgruppe um. Schlage ich sie nieder? Einer würde bestimmt noch abdrücken. Das würden die Schüler in der Halle hören. Dann geht hinterher die ganze Erklärerei los, wo das Projektil eingeschlagen ist. Sie würden aber keine Kugel finden, wenn sie mich trifft. Könnte ich die Killer beseitigen, bis jemand kommt, um nachzusehen? Ich muss die Auftraggeber abschrecken. Was ist am effektivsten? Verdammt, ich brauche eine Lösung. Lange fackeln die nicht mehr.

„Ich hab mehr auf unseren ‚Begleiter‘ geachtet.“ Dabei sieht mich der Sprecher an. „Scheint nicht ganz ohne zu sein, auch wenn er jetzt lammfromm ist.“

„Ich denke, ich bringe die Lange mit. Für etwas Privatspaß.“ Alarmiert sehe ich, dass die Gewalt und die Lust am Töten explosionsartig in seiner Aura anschwillt. Es ist so weit.

Durch ihr Geplänkel beobachten die Killer mich einen Moment nicht so intensiv, deshalb erkennen sie nicht die dünnen rauchähnlichen Fäden, die von meinen Händen aufsteigen. So haben sie auch keinerlei Vorwarnung, als die Rauchfäden nur Sekunden später in ihre Körper eindringen. An der Verbindungsstelle zwischen Kleinhirn und Wirbelsäule. Sie wissen nicht, was mit ihnen geschieht, als ich alle Nervenverbindungen auslösche. Als hätte man einer Marionette sämtliche Fäden abgeschnitten, fallen sie in sich zusammen. Sie werden nie wieder jemanden quälen oder töten. Um diese Exemplare der Wesen von Tauros tut es mir nicht leid. Ich schiebe ihre Waffen zur Seite. Dann löst sich die Struktur meiner Hände auf und ich beseitige die Reste der Killer.

Nachdem keine Spuren mehr von ihnen zu finden sind, nehme ich die Pistolen und verlasse das Gebäude. Draußen steht ein schwarzer Wagen mit getönten hinteren Scheiben. Mit großen Augen sieht der Fahrer, wie ich mit schnellen Schritten auf seinen Wagen zugehe. Bevor er irgendeine Reaktion zeigt, zertrümmere ich mit einem Faustschlag die Scheibe der Beifahrertür. Die Waffen werfe ich auf den Beifahrersitz. Es geht ein kurzes Zucken durch den Körper des Fahrers. Ich beuge mich zum Fenster hinein und funkle ihn extra böse an. Mit einer für ihn unangenehmen Auswirkung auf seine Schließmuskeln. Riecht man. Ich gönne mir den Spaß und schlage einmal fest auf das Dach des Wagens. Miese Qualität, übrigens. Hat sofort eine ordentliche Delle, das Dach. Der Fahrer kriecht mit riesengroßen Augen so weit weg von mir, wie er kann.

„Bestell deinem Auftraggeber einen schönen Gruß. Das nächste Mal soll er nicht solche Luschen schicken.“ Er starrt mich immer noch an, als ich mich abwende und zurück in die Sporthalle gehe.

Sobald ich den Raum betrete, rennt Eyra auf mich zu. Erleichtert umarmt sie mich. Nach einem viel zu kurzen Moment lösen wir uns und gehen zum Trainer, der immer noch etwas benommen auf dem Boden sitzt. Ein Schüler kommt gerade aus dem Büro und teilt uns mit, dass er einen Krankenwagen gerufen hat.

Alle sehen mich erwartungsvoll an. Natürlich wollen sie wissen, was los ist.

Ergeben hebe ich meine Hände. „Alles in Ordnung. Sie haben mich sicher nur verwechselt.“ Fast alle prusten los oder lachen. Die Anspannung löst sich. Der Reihe nach sehe ich sie mir an. All diese hoffnungsvollen jungen Tauriden. Stelle mir vor, wie sie nun umgebracht hier liegen würden. Meine Gewissensbisse, den vier Killern das Licht ausgeblasen zu haben, halten sich in engen Grenzen.

Durch das Tuch vor seinem Gesicht antwortet mir der Trainer undeutlich: „Klar, du hast ja auch so ein Allerweltsaussehen.“

„Jep, daran wird es liegen. Auf alle Fälle kommen sie nie wieder zurück.“ Die Endgültigkeit meiner Worte entgeht ihnen allerdings. Und heute Nacht werde ich wohl ein weiteres Haus in ein Trümmerfeld verwandeln.

Thanats Welten 1 - Tauros

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