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Wilde Jagd

System: 1654-Z65-7559-MM08-2884

Interner Systemname: Tauros

Zeitrechnung: Jahr 23 nach der Ankunft (n.d.A.), 40. Woche

Berichterstatterin: Eyra (nachgetragen)

Ich fahre mit Thanat durch das hügelige Hinterland meiner Heimatstadt. Mit dem Galaxis! Thanat hat Wort gehalten (natürlich) und lässt mich bei jeder Gelegenheit mit seinem sündhaft teuren Wagen fahren. Er steht in der Tiefgarage des Gästehauses und ich kann ihn mir jederzeit nehmen. Trotz meiner eigentlich geringen Fahrpraxis komme ich gut klar. Thanat hat mir einige Erfahrungen und Fertigkeiten im Umgang mit solchen Wagen geblitzt. Ich staune immer wieder, wie leicht es ist, so Wissen aufzunehmen.

Heute sitzt er an meiner Seite und lächelt zu mir rüber, während mein Gesicht vor Freude und Eifer sicher glüht. Ich glaube, ich bin dem Reiz solch edler und schneller Wagen verfallen. Bevor wir morgen nach Libertah fliegen, um den Jahreswechsel mit meinen Eltern zu feiern, wollen wir noch ein wenig die Sau rauslassen. Und das machen wir. Die nächste Kurve zieht sich zu und die Reifen wimmern leicht, als wir um die Ecke fegen. Im Gaspedal merke ich, dass einige Regler eingreifen und meinen forschen Vortrieb etwas bremsen. Uups.

Und Thanat? Er sitzt weiterhin völlig entspannt neben mir. Grinsend. Ich habe mal gelesen, Männer würden vor Angst zu kleinen Häufchen Elend, wenn eine Frau fährt und sie daneben sitzen müssen. Sie würden nur rummosern oder alles besser wissen. Er aber nicht. Wenn ich es zu doll treibe, lacht er sogar laut. Irgendwie ist er ganz anders, als ich mir Männer sonst vorgestellt habe. Oh, wenn er doch mehr für mich empfinden würde, als nur Freundschaft. So wie ich für ihn. Seufz.

Wir gleiten gerade über eine Uferstraße entlang eines Stausees. Das Wasser glitzert im Licht der Wintersonne. Der heutige Tag ist wunderschön. Ein wolkenfreier, blauer Himmel spannt sich über die Landschaft aus sanften Hügeln und den kahlen Wäldern. Einzig die rauchenden Schlote am Ende des Sees trüben das Erlebnis der Natur ein wenig. Wir müssten mehr geschützte Natur auf Tauros haben. Das wäre schön. Aber gebaut wird, wie und wo es gefällt. So können auch Industriebetriebe überall ihren Dreck verteilen.

Ein großer, schwarzer Transporter zieht an uns vorbei. Im Rückspiegel sehe ich, dass ein zweiter ihm folgt, aber hinter uns bleibt. Der Wagen setzt sich vor uns.

„Was macht der Idiot?“ Ich kann mir meine Frage nicht verkneifen, denn der Wagen wird plötzlich langsamer. Gerade überholt er uns und nun das. In den Augenwinkeln sehe ich, wie Thanat sich aufrecht hinsetzt. Dann dreht er sich um. Einen Moment starrt er auf den Wagen, der uns dicht auffährt. Bald sind wir zwischen den Wagen eingekeilt und werden noch langsamer.

„Verdammt.“ Ich wage nicht, zu Thanat hinüber zu sehen. Was ist los?

„Eyra, ich glaube, die wollen was von uns.“

„Was? Was meinst du?“

„Ich habe mir die Auren der Leute hinter uns angesehen. Nicht gut.“ Er zückt sein Mobi und tippt eine Zahl ein. Oh, oh, wenn er das macht, ist die Situation ernst.

Er steckt das Gerät weg. Dann drückt er zwei Knöpfe im Armaturenbrett. Den ersten Knopf identifiziere ich als den für den Allradantrieb. Der zweite schaltet in den Sportmodus.

„Was hast du vor?“

„Pass auf, gleich kommt ein Feldweg auf der rechten Seite. Sieh zu, dass du so spät wie möglich darauf abbiegst. Und dann gib Gas.“

Ich schlucke. Geländefahren, auch wenn es nur Forstwege sind, haben wir noch nicht so oft gemacht. Trotzdem nicke ich. Nach ein paar weiteren Sekunden sehe ich den Weg. Meine Hände beginnen zu schwitzen. Ein Rallyefahrer wäre vielleicht noch etwas später abgebogen, trotzdem bin ich fast stolz auf mich, wie knapp die linken Reifen des Galaxis am Wegrand entlang schrammen. Und dann gebe ich wirklich Gas. Der Wagen rast wie auf Schienen über den unebenen Feldweg. Pirch hat echt ganze Arbeit bei der Federung geleistet. Der Transporter hinter uns hat es auch geschafft, in den Feldweg einzubiegen. Der Fahrer ist anscheinend recht gut. Wegen des Weges kann ich nicht in den Rückspiegel schauen, meine aber, dass er uns recht dicht folgt.

Plötzlich höre ich ein blechernes KLONG. Irritiert frage ich Thanat: „Was war das?“

Er knirscht mit den Zähnen. „Sie schießen auf uns.“

„Sie schießen?“ Lauter als beabsichtigt schreie ich meine Frage.

Thanat greift unter seinen Sitz. Sekunden später hält er eine Pistole in der Hand. Er drückt auf den Knopf für sein Seitenfenster. Während es herunter surrt, schnallt er sich ab.

„Was machst du?“ Ich glaube, ein wenig Panik klingt aus meiner Stimme.

„Aufräumen.“ Selten habe ich seine Stimme so hart gehört. Das erste Mal, als er die Schläger in der Industriebrache ausgeschaltet hat. Er dreht sich in seinem Sitz und beugt sich aus dem Fenster. Sein Oberkörper hängt draußen. Es dauert einen Moment, dann höre ich zwei, drei Mal das Knallen der Waffe. Für einen Sekundenbruchteil wage ich einen Blick in den Rückspiegel. Der Transporter gerät ins Schlingern, dann bricht er aus und rast in die Bäume. Ich kann nicht sehen, was weiter mit dem Wagen passiert, denn wir jagen auf eine Kurve zu. Weil ich abgelenkt war, muss ich härter bremsen, als gedacht. Sofort überfällt mich Angst um Thanat, doch der rutscht schon wieder auf seinen Sitz. Mit einer rauchenden Pistole in der Hand.

Hinter der Kurve kommt ein längeres, gerades Stück des Weges. Das gibt mir Gelegenheit, erneut in den Spiegel zu schauen. Mir sackt das Herz noch ein wenig tiefer in Richtung Höschen, als ich den zweiten Transporter um die Kurve biegen sehe. Thanat dreht sich um und grummelt, als er den Wagen registriert.

Der Weg teilt sich vor uns. „Wohin?“

Mein Beifahrer schweigt einen Moment. „Weiß nicht. Egal, fahr rechts.“ Mache ich. Der Untergrund wird schlechter. Der Galaxis rumpelt deutlich mehr. Der Weg steigt an. Er beschreibt ein paar Serpentinen. Ich nehme mit Schwung eine weitere Kehre. In dem Moment sehe ich lauter Felsen, die den Weg blockieren. Ich ramme meinen Fuß auf die Bremse. Schlingernd kommt der Wagen vor dem ersten Felsen zum Stehen. Mit entsetzten Augen sehe ich Thanat an. Der mustert das Hindernis mit finsterem Blick. Nach ein paar Herzschlägen dreht er sich zu mir. „Bleib im Wagen sitzen. Bin gleich wieder da.“

Sagt es und springt aus dem Wagen. Wie ein Schatten verschwindet er im Wald. Runter zu dem Weg, auf dem uns der zweite Transporter verfolgt. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Schnell wische ich meine Hände an meiner Hose ab.

In diesem Augenblick krachen zwei schwarze Dinger zwischen den Felsen auf den Boden. Mir entfährt ein Schrei. Die Teile haben vier Beine und zwei Greifarme. Ein runder Kopf mit grün leuchtenden Augen thront auf dem Körper. Irgendwie kommen sie mir bekannt vor. Nach einigen Sekunden macht es Klick. So etwas habe ich in Liba gesehen. Dort haben sie in den Parks Landschaftspflege betrieben. Und die Kinder haben mit ihnen gespielt. Sind darauf geritten. Dann fällt mir wieder der Code ein, den Thanat vorhin auf seinem Mobi eingetippt hat. Anscheinend ist Unterstützung da. Wo kommen die bloß her? Richtig genug, schon packen diese Geräte die ersten Felsen und schieben sie von dem Weg. Es dauert nur ein paar Minuten, dann ist der Weg frei. Genau in dem Moment wird die Beifahrertür aufgerissen. Erschrocken zucke ich zusammen. Doch es ist nur ein grimmig dreinschauender Mann von zwei Metern Länge.

„Okay, du kannst weiter fahren. Ist keine Eile mehr.“

„Was ist denn mit dem zweiten Transporter?“

„Der transportiert nix mehr. Taugt nichts, das Ding. Hält nicht mal einen Baum aus, wenn der drauf fällt.“

„Ein Baum?“ Zweifelnd sehe ich ihn an. Belustigt funkeln seine unglaublichen Augen mich an.

„Jepp. Der stand etwas wackelig auf seinen Wurzeln. Nun, jetzt liegt er. Ist bestimmt bequemer für ihn.“

„Ach. Einfach so? Ein Baum kippt mal eben so um?“

Er zuckt nur mit den Schultern. „Schwerkraft.“

„Wie passend, dass der Baum genau in dem Moment umfiel.“

„Ja, nä?“ Und er grinst noch ein wenig breiter.

Dann weist er nach vorne. „Lass uns fahren. War genug Aufregung für einen Tag.“ Da kann ich ihm nur zustimmen.

Nach ein paar hundert Metern Fahrtstrecke sagt er leise: „Du hast dich heute gut gehalten. Nicht jeder wäre bei solch einer Verfolgung so ruhig geblieben.“

Ruhig? Ich? Na, wenn er wüsste. Trotzdem geht mir das Lob warm herunter. Ich greife kurz nach seiner Hand und drücke sie fest. Er erwidert den Druck. Leider kommt eine Kurve und ich muss ihn loslassen.

Eine Stunde später fahre ich den völlig verdreckten Galaxis an der verblüfften Wache vorbei auf das Gelände der Botschaft.

Thanats Welten 1 - Tauros

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