Читать книгу Thanats Welten 1 - Tauros - J. Reiph - Страница 19
ОглавлениеDas Gästehaus
System: 1654-Z65-7559-MM08-2884
Interner Systemname: Tauros
Zeitrechnung: Jahr 23 nach der Ankunft (n.d.A.), 37. Woche
Berichterstatterin: Eyra (nachgetragen)
Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen. Wir müssen zurück. Ich muss ja noch die Projektaufgaben abliefern. Bei Thanat bin ich mir mittlerweile fast sicher, dass er gar nicht wirklich an dem Schulabschluss interessiert ist. All das Wissen, das ich von ihm „eingepflanzt“ bekommen habe, beweist, dass er aus einem anderen Grund in der Schule ist. Stimmt es, was ich in den letzten Tagen gehört habe? Bin ich es, weswegen er so viel Zeit mit mir verbringt? So, wie er mir am Tag des Überfalls gesagt hat, dass er mich gesucht hat. Wenn ich an Ayshas Worte denke, glaube ich, sie hat Recht. Die Rettung der anderen hat ihn nur wenige Stunden in deren Nähe gebracht. In meiner Nähe ist er seit Wochen. Nicht, dass mir seine Nähe etwas ausmachen würde. Kann ich meine Zweifel, meine Selbstzweifel, wirklich langsam über Bord werfen?
Meine Eltern schauen sehr sorgenvoll. Ich kehre ohne sie an den Ort zurück, wo Gewalt herrscht. Meine Mutter sieht bittend, fast flehend zu Thanat. Er nimmt sie in den Arm. Zwar leise, für uns aber hörbar, sagt er. „Ich verspreche dir, gut auf sie aufzupassen.“
Meine Mutter nickt. Trotzdem laufen ihr Tränen die Wange herunter.
Thanat versucht sie noch weiter zu beruhigen. „Ihr habt Mobis. Ihr könnt damit täglich miteinander sprechen und euch sehen.“
Noch so ein technisches Wunder, das uns hier überrascht hat.
Der Abschied von Miri ist tränenreich. Nur mein Versprechen, so schnell wie möglich wieder auf Libertah zu sein, besänftigt sie. Ich bekomme noch einen dicken - und feuchten - Kuss von ihr. Thanat, THANNI!!, auch, wie ich schadenfroh feststellen darf.
Nur eine Stunde später sind wir wieder in der Luft. Mit uns im Flugzeug befinden sich ein paar weitere Leute, deren Ziel ebenfalls das Festland ist. Ein paar reisen sogar mit in meine alte Stadt. Sie werden, wie ich, im Gästehaus wohnen. Während des Fluges entwickelt sich eine ungemein interessante Gesprächsrunde. Dabei stelle ich fest, dass die Sitze dreh- und verschiebbar sind, wodurch wir sie in eine bequeme Gesprächsposition bekommen. Die Bandbreite der Themen reicht von den Naturwissenschaften über Politik bis hin zur Wirtschaft. Ich erfahre, dass es in den Gästehäusern von Libertah gern gelebte Praxis ist, sich am Abend zu Diskussionsrunden zusammen zu setzen. Mir gefällt die Idee. Vor allem, da meine aktuellen Mitreisenden mich als vollwertigen Gesprächspartner akzeptieren. Langsam bekomme ich eine Ahnung, dass meine Abende ohne meine Eltern doch nicht so einsam werden, wie ich befürchtet habe. Und wieder erlebe ich die bisweilen an Ehrfurcht grenzenden Blicke, die Thanat zugeworfen werden, wenn er nicht hinsieht. Ebenso die neugierigen Blicke in meine Richtung, immer dann, wenn wir uns berühren.
Nach der Landung geleitet Thanat uns zum Diplomatenausgang. Ich bin unsicher, ob alles klappt. Der Kontrolleur schaut mich sehr skeptisch an. Letztlich kann er nichts einwenden, denn der Pass ist nachweislich echt.
Als wir den Flughafen verlassen, schlagen der Lärm, die schlechte Luft und die Enge der Stadt wie eine Keule auf mich ein. Wie schnell man sich doch an das Gegenteil gewöhnen kann.
Wir erreichen das Gästehaus. Das massive Tor wird bewacht. Nach einer Daumenabdruckkontrolle werden wir auf das Gelände gelassen. Mein Zimmer ist geräumig und modern eingerichtet. Ich habe ein bequemes, sogar passendes Bett, eine Sitzgruppe, einen Schreibtisch und einen kleinen Kühlschrank. Mein Bad ist klein, aber in Ordnung. Thanat zeigt mir die Gemeinschaftsküche, die ich jederzeit nutzen kann. Die Kühlschränke werden vom Hauspersonal aufgefüllt. Wenn man etwas Spezielles haben möchte, kann man das auf Einkaufszetteln notieren. Wer sich nicht selbst versorgen will, kann an den drei Mahlzeiten teilnehmen, die angeboten werden. Voller Service, toll.
Nachdem ich meine Sachen aus unserer alten Wohnung eingeräumt habe, rufe ich Dani an. Meine Freundin habe ich trotz all der aufregenden Erlebnisse auf Libertah vermisst. Dani quietscht laut, als ich mich melde. Sie will sofort alles wissen. Ich schlage vor, dass sie ins Gästehaus kommen soll, damit sie sieht, wie ich jetzt wohne. Sie meint nur, sie wäre schon auf dem Weg. Ihr Enthusiasmus entlockt mir ein Lächeln.
Thanat kommt noch kurz rein, ob ich noch etwas benötige. Weil ich im Moment zufrieden bin, verneine ich und berichte von Danis bevorstehendem Besuch.
„Gut. Ich sage dann unten Bescheid, dass Dani eingelassen wird. Wenn es für dich in Ordnung ist, gehe ich noch etwas die Welt retten.“ Er versucht, das scherzhaft klingen zu lassen. So ganz gelingt es ihm aber nicht. Vor allem vor dem Hintergrund der ganzen Geschichten, die ich gehört habe. Ich gebe einem Impuls nach und lege meine Hand an seine Wange.
„Pass bitte auf dich auf.“
Er legt seine Hand auf meine.
„Natürlich. Ich möchte ja auf dem Abschlussball noch mit dir tanzen.“ Entsetzt sehe ich ihn an. Ich soll tanzen?
Stammelnd antworte ich: „Ich kann doch gar nicht tanzen.“
Thanat grinst breit und tippt mir gegen den Kopf. „Das kriegen wir schon hin. Ist ja nicht großartig anders als Wurftechniken.“ Stimmt. Ich bin etwas beruhigt.
Nur kurze Zeit, nachdem er gegangen ist, kommt Dani. Sie ist beeindruckt von den Sicherheitseinrichtungen im Haus. Sie muss sogar einen Besucherausweis sichtbar tragen.
Wir lümmeln uns in meine Sessel. Die passen sogar mir. Genial. Aus der Küche habe ich Säfte und Knabberkram geholt. Ich erzähle ihr von Libertah. Als ich bei Resa angekommen bin, hängt sie förmlich an meinen Lippen. Jedes Wort saugt sie auf.
„Ob ich dich wohl auf Libertah besuchen kann? Vielleicht treffe ich Resa dort.“
Aber als ich ihr von Resas Schicksal erzähle, laufen ihr Tränen über die Wangen. Auch wenn sie nur eine gefilterte Version der gefilterten Version bekommt, ist sie erschüttert. So wie Koriat mein Idol ist, ist Resa ihres. Nur meine Aussage, dass sie schon wieder arbeitet, beruhigt sie.
Als meine Schilderung von Libertah beendet ist, sehe ich fast so etwas wie Sehnsucht in ihren Augen. Wenn sie könnte, würde sie bestimmt auch dort wohnen wollen. Alleine schon wegen Resa.
Wir quatschen noch den ganzen Nachmittag. Am Abend verabschiedet sie sich wieder nach Hause, weil sie auch noch an ihren Projekten arbeiten muss.
Meine Arbeiten erledigen Thanat und ich in den folgenden Tagen. Seine hat er schon fertig. Schläft der Mann auch mal?