Читать книгу Gelehrte Frauen der Antike - Ein Lexikon - Johann Benos - Страница 12
2.1.5.3. Athen (4. Jh.)
ОглавлениеIm vielbewundernden Staat der Athener, den „Erfindern“ der Demokratie, hatten die Frauen der klassischen Antike nicht die gleichen Rechte wie die Männer und sogar weniger als die anderen Griechinnen. Der Autor Ermippos aus Smyrna (3. Jh. v.Chr.) schrieb, dass angeblich der Philosoph Thales aus Milet gesagt haben soll „der Mann soll unteranderen den Götter Dank verpflichtet sein dass er Mann und nicht Frau geboren ist.[1] Die Frauen konnten als weiblicher Herkules zwei Wege wählen, den „ehrenhaften“ ewig langweiligen als Hausfrau und Mutter und zu Hause fast eingesperrt[2] oder den „unehrenhaften“ einer emanzipierten Frau, die mit den Männern zwanglos umging, einen Liebhaber haben oder in „wilder Fhe“ leben und sich künstlerisch oder wissenschaftlich betätigten. Diese Frauen wurden etwas abfällig „Hetären“ (Freundinnen) genannt, die fast jeden „nichtmännlichen“ Beruf ergreifen und auch Philosophinnen werden konnten. Beispiele hierfür gibt es genug, obwohl einige moderne Historiker etwas anderes behaupten. Frauenmisshandlungen waren jedoch in Athen verboten und wurden streng bestraft.
Da in Athen Bildung Privatsache war und der Staat lediglich die Aufsicht über Schulen und Lehrer führte, konnte jeder Bürger, wenn er wollte, seine Töchter von Privatlehrerinnen ausbilden lassen und zwar zuhause. Eine umfassende Bildung wie in Lakonien oder Äolien erhielten die Mädchen nicht. Manche Athener Autoren machten deswegen böse Witze über Frauen dort und die weibliche Intelligenz.
Die Ehefrauen und die zur Heirat bestimmten Mädchen der wohlhabenden Bürgerfamilien blieben meistens zuhause eingesperrt, führten den Haushalt mit Hilfe der vielen Sklaven und Sklavinnen und wohnten in einem abgetrennten Teil des Hauses (γυναικών). Sie beschäftigten sich ansonsten mit Weben, Sticken, Stricken, Spinnen u.a., blieben aber vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Der Ehemann besuchte seine Frau meistens nur zwecks Geschlechtsverkehrs bzw. Kinderzeugung und blieb nicht einmal die ganze Nacht bei ihr. Der deutsche Historiker Wilhelm Wägner (Ende des 19. Jh.) findet trotzdem diese Ehe „für beide Teile sehr beglückend.“[3] Wer weiß, was er dabei dachte. Vielleicht war er dafür, dass Derartiges auch in Deutschland eingeführt worden wäre. Gewiss gab es aber auch Liebespaare unter den Eheleuten, wie z.B. Xenophon[4] und Platon[5] berichteten.
Die Mädchen erhielten Unterricht in Tugend, nur Grundkenntnisse in Lesen, Schreiben, Singen, Tanz und Musik und ausführlichere Unterweisung in den üblichen Frauenarbeiten wie Kochen, Weben u.a. und immer von Lehrerinnen, die gebildete Haussklavinnen waren.[6] An religiösen Festen oder an Opferzeremonien durften vornehme Frauen und Mädchen teilnehmen, allerdings verhüllt und mit Schleier. So kamen sie wenigstens für kurze Zeit aus dem Haus. Hetären und armen Frauen war eine Teilnahme untersagt. Vielleicht durften sie aber zumindest zuschauen. Heiraten durften Athenerinnen nicht entsprechend ihrer persönlichen Wahl, von Ausnahmen aufgeklärter Eltern abgesehen, und im Erbrecht wurden sie benachteiligt. Thukidides postuliert: „der Name der ehrbaren Frau sollte, wie sie selbst, zu Hause verschlossen bleiben“. Unter diesen Bedingungen war es den meisten Frauen, die geistige Werke geschaffen hatten, fast unmöglich, sie bekannt zu machen, es sei denn, dass sie „darauf pfiffen“, als anständig zu gelten. Nur sehr tapfere Frauen wagten dies. Leider gibt es viele Ethnologen und Historiker, die, wenn sie über griechische Frauen schreiben, die Ansicht vertreten, die Athenerin stelle ein Beispiel für alle griechische Frauen dar. So entstand nämlich der Eindruck, alle Griechinnen lebten so wie die Athenerinnen. Das stimmt gewiss nicht. Es gab auch in Athen Männer, die mit dieser Art der Behandlung der Frau nicht einverstanden waren. Der Historiker Plutarchos schreibt – allerdings 400 Jahre später – dass er mit der Meinung Thukidides nicht einverstanden sei, sondern vielmehr wie auch der Sophist Gorgias aus Athen (5. Jh. v. Chr.) glaube, „die körperlichen Vorteile einer Frau sollten den meisten nicht bekannt sein, aber ihr Ruhm“. Plutarchos schreibt weiter, „warum werden Frauen nicht gleichwertig behandelt? Männer wie Frauen haben den gleichen Wert. Ihre Malwerke sind genau so gut wie die von den Männern, ebenso ihre Dichtkunst sowie ihre Weissagungen und auch ihre Tapferkeit“.[7]
[1] Ermippos, Fragmenta Historicorum Graecurum, iii 39
[2] Gleichen-Russwurm, Bd. 3, S. 32-33
[3] Wägner, Hellas, S. 250
[4] Xenophon, Das Gastmahl, 8, 3
[5] Platon, Gastmahl, 179, b-c
[6] Flabellifère, S. 82-85
[7] Plutarchos, Frauentugenden, 243-244, A-D