Читать книгу Big Ideas. Das Mathematik-Buch - John Farndon - Страница 20
ОглавлениеEINE REELLE ZAHL, DIE NICHT RATIONAL IST
IRRATIONALE ZAHLEN
IM KONTEXT
SCHLÜSSELFIGUR
Hippasos (5. Jh. v. Chr.)
TEILGEBIET
Zahlensysteme
FRÜHER
19. Jh. v. Chr. Die Babylonier konstruieren rechtwinklige Dreiecke und verstehen ihre Eigenschaften, wie Keilschrifttafeln zeigen.
6. Jh. v. Chr. In Griechenland wird die Beziehung zwischen den Seitenlängen von rechtwinkligen Dreiecken entdeckt. Man schreibt sie später Pythagoras zu.
SPÄTER
400 v. Chr. Theodoros von Kyrene beweist die Irrationalität der Quadratwurzeln der Nichtquadratzahlen zwischen 3 und 17.
4. Jh. v. Chr. Der Grieche Eudoxos von Knidos legt klare mathematische Grundlagen für irrationale Zahlen fest.
Jede Zahl, die sich als Verhältnis zweier ganzer Zahlen – also als Bruch – ausdrücken lässt, nennt man rationale Zahl. Als Dezimalzahl geschrieben haben rationale Zahlen entweder endlich viele Nachkommastellen, oder die Abfolge der Nachkommastellen wiederholt sich. Dagegen kann man irrationale Zahlen nicht als endlichen Bruch darstellen.
Der griechische Gelehrte Hippasos soll im 5. Jh. v. Chr. bei der Arbeit an geometrischen Problemen erstmals irrationale Zahlen entdeckt haben. Er kannte den Satz von Pythagoras, nach dem das Quadrat der Hypotenuse (längste Seite) eines rechtwinkligen Dreiecks gleich der Summe der Quadrate der anderen zwei Seiten ist. Wendet man dies auf ein Dreieck an, bei dem beide kurzen Seiten die Länge 1 haben, gilt 12 + 12 = 2. Die Länge der Hypotenuse ist dann die Quadratwurzel von 2.
Die Quadratwurzel von 2 kann jedoch nicht als Bruch zweier ganzer Zahlen geschrieben werden. Es gibt keine zwei ganzen Zahlen, deren Verhältnis quadriert wieder 2 ergibt. Daher ist die Quadratwurzel von 2 keine rationale Zahl. Solche Zahlen heißen irrationale Zahlen. Die 2 ist also keine Quadratzahl, genauso wie die Zahlen 3, 5, 7 und viele andere, ihre Quadratwurzeln sind daher alle irrational. Dagegen sind 4 (= 22), 9 (= 32) und 16 (= 42) Quadratzahlen. Ihre Quadratwurzeln sind natürliche Zahlen und damit rational.
Hippasos könnte auf irrationale Zahlen gestoßen sein, als er das Verhältnis zwischen den Seitenlängen eines Pentagons und eines eingeschriebenen Pentagramms erforschte. Er stellte fest, dass sich das Verhältnis nicht als Bruch zweier ganzer Zahlen ausdrücken ließ.
Das Konzept irrationaler Zahlen wurde nicht sofort allgemein akzeptiert, obgleich spätere griechische und indische Mathematiker ihre Eigenschaften untersuchten. Im 9. Jahrhundert verwendeten arabische Gelehrte sie in der Algebra.
Dezimalschreibweise
Das dezimale Stellenwertsystem der indisch-arabischen Zahlen ermöglicht weitere Charakterisierungen irrationaler Zahlen. Man kann zeigen, dass sie unendliche viele Nachkommastellen ohne wiederkehrendes Muster haben. So ist 0,1010010001… (unendlich fortgesetzt, jeweils mit einer weiteren 0 nach jeder 1) irrational. Pi (π), das Verhältnis des Umfangs zum Durchmesser eines Kreises, ist irrational, was 1761 von Johann Heinrich Lambert bewiesen wurde. Frühere Näherungswerte für π waren etwa 3 oder 22/7.
Zwischen zwei rationalen Zahlen liegen stets weitere rationale Zahlen, es gibt keine »Lücken«, denn der Mittelwert zweier rationalen Zahlen ist wieder rational, ebenso der Mittelwert vom vorigen und einer der beiden Ausgangszahlen usw. Zwischen beliebigen rationalen Zahlen liegen zudem stets irrationale Zahlen. Zum Beispiel kann man Ziffern in den unendlich wiederholten Nachkommastellen gedanklich ändern, um eine irrationale Zahl zwischen den beiden rationalen Zahlen 0,124124… und 0,125125… zu konstruieren. Dazu ändert man bei 0,124124… in immer größeren Abständen die 1 in eine 3.
Eine der großen Herausforderungen der modernen Mathematik war die Frage, ob es mehr rationale oder irrationale Zahlen gibt. Georg Cantor, der Begründer der Mengenlehre, konnte 1874 zeigen, dass die rationalen Zahlen abzählbar und die irrationalen Zahlen überabzählbar und damit »mächtiger« sind.
Hippasos
Die Details der jungen Jahre von Hippasos sind nur bruchstückhaft erhalten, er wurde um 500 v. Chr. in Metapont in Magna Graecia (heutiges Süditalien) geboren. Nach dem Philosophen Iamblichos, Autor einer Biografie von Pythagoras, war Hippasos der Gründer einer pythagoreischen Sekte, den Mathematici, deren Mitglieder fest daran glaubten, dass alle Zahlen rational seien.
Hippasos wird gewöhnlich die Entdeckung der irrationalen Zahlen zugeschrieben, was damals in der Sekte bestimmt als Ketzerei gegolten hätte. Nach einer Geschichte ertrank Hippasos, als ihn andere Pythagoreer voller Abscheu aus einem Boot über Bord warfen. Nach einer anderen Geschichte habe ein anderer Pythagoreer die irrationalen Zahlen entdeckt, aber Hippasos wurde bestraft, weil er Außenstehenden davon erzählt hatte. Hippasos starb etwa im 5. Jh. v. Chr., sein genaues Todesjahr ist unbekannt.
Hauptwerke
5. Jh. v. Chr. Mystischer Logos