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1.Minder schwerer Fall nach § 213

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55Bei § 213 muss zunächst zwischen Var. 1 und Var. 2 unterschieden werden.

56a) Ein benannter minder schwerer Fall i. S. d. § 213 Var. 1 liegt vor, wenn der Täter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist.

57aa) Die Worte „ohne eigene Schuld“ meinen, dass der Täter keine genügende Veranlassung zur Misshandlung oder schweren Beleidigung gegeben hat159. Es ist damit also nicht die Schuld im dogmatischen Sinne, d. h. im Sinne der dritten Stufe des Straftataufbaus, in Bezug genommen160. Auch sind Misshandlung und Beleidigung nicht im Sinne der Tatbestände der § 223 und § 185 zu verstehen, daher werden auch Misshandlungen seelischer Art und ohne Eintritt eines Körperverletzungserfolgs erfasst161. Nur solche Misshandlungen können freilich einen minder schweren Fall begründen, die nach ihrem Gewicht und unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls geeignet sind, die Tat als verständliche Reaktion auf die Provokation zu verstehen162.

57aDer Täter ist „auf der Stelle zur Tat hingerissen worden“, wenn dies durch den anhaltenden Zorn, der auf der Provokation des Opfers beruht, bewirkt worden ist; um eine Spontantat muss es sich nicht handeln163. Für den Angehörigenbegriff ist § 11 Abs. 1 Nr. 1 maßgeblich. Bei anderen nahe stehenden Personen, die nicht erfasst werden, kann aber ein sonstiger minder schwerer Fall i. S. d. Var. 2 gegeben sein164. Liegt ein Fall der Var. 1 vor, so soll die Strafmilderung zwingend sein165.

Bsp.:166 Als T sich an die Theke einer Bar begibt, streift er wegen der dort herrschenden Enge unabsichtlich den dort stehenden O. Dieser fragt darauf den T mit lauter Stimme, warum er so blöd gucke. Er beschimpft ihn dann weiter mit den Worten „Hau ab, du Arschloch“ und bezeichnet ihn als „Wichser“. Schließlich versetzt O dem T einen Schlag gegen das Kinn, der u. a. einen der unteren Schneidezähne lockert. Mit den Worten „na warte“ holt T einen geladenen Revolver und schießt mit den Worten „Du sagst nicht noch einmal Wichser zu mir“ aus 2 bis 3 m Entfernung in Tötungsabsicht dem O eine Kugel in den Kopf. – T hat hier unproblematisch den Tatbestand des § 212 verwirklicht. Auf Grund der vorangegangenen Provokation ist jedoch die Strafzumessungsvorschrift des § 213 Var. 1 anwendbar.

58bb) Nimmt der Täter irrig eine Provokation i. S. d. § 213 Var. 1 an, so findet nach h. M. mit Recht analog § 16 Abs. 2 der mildere Strafrahmen des § 213 Anwendung167. Nach Auffassung der Rechtsprechung soll dagegen lediglich ein sonst minder schwerer Fall i. S. d. § 213 Var. 2 in Betracht kommen168.

59b) Ein unbenannter (sonstiger) minder schwerer Fall i. S. d. § 213 Var. 2 ist nach h. M. im Wege einer Gesamtwürdigung aller strafzumessungsrelevanten Umstände i. S. d. § 46 zu bestimmen169. Zu denken ist etwa an Fälle, in denen eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Täters aufgrund Alkoholgenusses vorliegt170 oder die Tat eine gewisse Nähe zu Notwehrfällen aufweist171.

Strafrecht - Besonderer Teil I

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