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1. Präventionsorientierung

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Entsprechend der zunehmenden gesellschaftlichen Ächtung von körperlicher Gewalt hat der Gesetzgeber den Schutz der körperlichen Unversehrtheit in den zurückliegenden Jahrzehnten kontinuierlich ausgeweitet. Dies bedeutete nicht nur eine Anhebung der Strafrahmen und einen Ausbau der Qualifikationen. Darüber hinaus ist auch eine gewisse Vorverlagerung der Strafbarkeit zu beobachten. So ist seit 1998 auch der Versuch der einfachen Körperverletzung strafbar (§ 223 Abs. 2 StGB). 2007 wurde durch das 40. StrÄndG der Tatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB, vgl. dazu → BT Bd. 4: Eisele, § 6 Rn. 35 ff.) in das Strafgesetzbuch eingefügt.[451] Hierdurch sollten aus Sicht des Gesetzgebers bestehende Strafbarkeitslücken im Vorfeld von Körperverletzungs- und Freiheitsdelikten[452] geschlossen und ein besserer Opferschutz gewährleistet werden.[453] Das Rechtsgut soll in Anlehnung an § 241 StGB in einem „Frei sein vor Furcht“ bestehen,[454] was im Hinblick auf das Ultima-Ratio-Prinzip im Strafrecht fragwürdig erscheint.[455]

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Massive Bedenken ruft der Tatbestand des § 238 StGB auch wegen der Vielzahl der in ihm enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe hervor, wie „unbefugt“, „andere vergleichbare Handlung“, „schwerwiegend“, „Lebensgestaltung“. Insofern ist fraglich, ob der Tatbestand noch mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist. Die Rechtsprechung legte die Tatbestandsmerkmale der Nachstellung in der Praxis bisher restriktiv aus.[456] 2017 hat der Gesetzgeber die Nachstellung von einem Erfolgsdelikt in ein Eignungsdelikt umgewandelt und es aus dem Katalog der Privatklagedelikte gestrichen.[457] Nunmehr genügt es, wenn das unbefugte Nachstellen geeignet ist, die Lebensgestaltung der davon betroffenen Person schwerwiegend zu beeinträchtigen. Vor der Änderung bedurfte es einer tatsächlich eingetretenen Beeinträchtigung. Diese wurde nur dann angenommen, wenn das Opfer seine Lebensweise tatsächlich änderte, z.B. durch Umzug, Wechsel des Arbeitsplatzes etc.[458]

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