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III. Bezüge zum Strafverfahrensrecht

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Die einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) sowie die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) werden als relative Antragsdelikte gemäß § 230 StGB grundsätzlich nur nach Stellung eines Strafantrags verfolgt, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wird seitens der Staatsanwaltschaft bejaht.[522] Bei Nichtvorliegen des öffentlichen Interesses ist der Strafantrag eine zwingende Verfolgungsvoraussetzung.[523] § 223 sowie § 229 StGB sind außerdem Privatklagedelikte (vgl. § 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO).

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Verfahren wegen Körperverletzung werden in erster Instanz in der Regel vor den Amtsgerichten verhandelt. Nur wenn das zu erwartende Strafmaß mehr als vier Jahre beträgt, ist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 74 Abs. 1 S. 1 GVG das Landgericht zuständig. Nur für die Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) ist eine zwingende Zuständigkeit des Landgerichts vorgesehen (§ 74 Abs. 2 Nr. 7 GVG). Wie in anderen Deliktsbereichen wird auch im Bereich der Körperverletzungsdelikte ein erheblicher Anteil der polizeilich erfassten Fälle (siehe oben Rn. 14 f.) von den Staatsanwaltschaften eingestellt, sodass nur ein relativ geringer Anteil im Wege der Anklage oder des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls zu den Gerichten gelangt. Dies wird schon daran deutlich, dass deutlich mehr als 500 000 in der PKS erfassten Fällen weniger als 100 000 Abgeurteilte jährlich gegenüberstehen (siehe oben Rn. 66). Die Anklagequote der Körperverletzungsdelikte bewegt sich dabei in einem durchschnittlichen Bereich.

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Besondere Probleme ergeben sich bei Strafverfahren wegen Körperverletzungsdelikten auf der Ebene der Sachverhaltsfeststellung daraus, dass es sich häufig um dynamische, interaktive Geschehensabläufe handelt, an denen in der Regel mehrere Personen beteiligt sind. Das Handeln der einzelnen Beteiligten im Nachhinein zu rekonstruieren und zu beweisen kann im Einzelfall mit erheblichen Herausforderungen verbunden sein. Bei wechselseitig begangenen Handlungen stellt sich zudem regelmäßig die Frage der Notwehr (Rn. 89).

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Der*die Opferzeuge*Opferzeugin – rechtlich: der Verletzte – hat bei Körperverletzungsdelikten weitergehende prozessuale Teilnahmemöglichkeiten als ein*e unbeteiligte*r Zeuge*Zeugin. Nach § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO besteht in den Fällen der §§ 223 bis 226a StGB und bei § 340 StGB die Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger*in, ggf. mit anwaltlichem Beistand. Die verletzte Person kann ihre typischerweise bestehenden zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüche aus der erlittenen Körperverletzung zudem im Adhäsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO im Strafverfahren geltend machen. Jede*r Zeuge*Zeugin, auch die verletzte Person, hat gemäß § 68b Abs. 1 S. 1 StPO die Möglichkeit, sich durch einen (nicht notwendigerweise anwaltlichen) Beistand zur Wahrung seiner*ihrer prozessualen und persönlichen Rechte bei der Vernehmung begleiten zu lassen. Die Nebenklagebefugnis kann beim Tode der verletzten Person auf die in § 77 Abs. 2 StGB festgelegten Angehörigen des*der Verletzten übergehen.[524] Des Weiteren sieht die StPO Schutzvorschriften zugunsten der Rechte von besonders gefährdeten Zeugen*Zeuginnen vor. So kann nach § 247 S. 1 StPO der*die Angeklagte aus dem Sitzungssaal vorübergehend für die Dauer der Vernehmung des*der Zeugen*Zeugin entfernt werden, wenn zu befürchten ist, dass ein*e Zeuge*Zeugin bei der Vernehmung in Gegenwart des*der Angeklagten nicht die Wahrheit sagen werde. Eine ähnliche Schutzrichtung hat § 247a Abs. 1 S. 1 StPO, wonach die audio-visuelle Vernehmung eines*einer Zeugen*Zeugin ermöglicht wird, wenn die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des*der Zeugen*Zeugin besteht, wenn er*sie in Gegenwart der in der Hauptverhandlung Anwesenden vernommen wird.

1. Abschnitt: Schutz von Leib und Leben§ 4 Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit › Ausgewählte Literatur

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