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Der essbare, besonders vitaminreiche Meerfechel besiedelt die Küstenfelsen Helgolands.

Meerfenchel

Crithmum maritimum

Familie der Doldenblütler

(Apiaceae)

Eine der wirklich jüngsten Errungenschaften an pflanzlichen Neulingen in Deutschland ist der adrette, bis 40 Zentimeter hohe, ausdauernde Meerfenchel (Crithmum maritimum), den es erst seit dem Jahr 2001 auf Helgoland gibt. Ein Draufgänger ist er schon, kennt man ihn von Mallorca an der Biscaya oder in der Bretagne, wo sonst fast gar nichts wachsen will. Als Küstenfelsenart ist er auf Helgoland nicht nur am Drücker, sondern wie ich in diese Insel regelrecht verliebt.

Fast schon häufig hat er neben dem Hafengelände und kleinflächig unweit der Jugendherberge sich den sogenannten Kringel hinter den berühmt-bunten Hummerbuden ausgesucht. Da hockt dieses spritzige Exponat in igelartigen Halbkugeln massenhaft voll in der Gischt bei Sturmfluten. Entweder in schnöden Betonritzen der Küstenbefestigung des Unterlandes wie auch in steinernen Rinnen hinauf zu Beginn des Roten Felsens.

Ein Augenschmaus zunächst in Blaugrün (Blätter, Sprosse) und dann von August bis Anfang Oktober zur Blütezeit in Grün- bis Gelblich. Und wie dieses Gewächs, übrigens weltweit einzige Art seiner Gattung, zerrieben duftet … Eine perfekte Mischung aus Minze und Zitrone, zudem extrem vitaminreich (der Name hält also, was er verspricht!). Ich kaue da ständig drauf rum, wenn ich denn per Schiff von Bremerhaven aus eine gut dreistündige Anfahrt in Kauf genommen habe. Dann kann ich es immer kaum erwarten, mir diesen stark verzweigten, so widerstandsfähigen Gesellen mit den vielen Dolden anzutun.

Schon in der Antike wurde der Meerfenchel als Heil- und Nahrungspflanze geschätzt. Als hochwertiger Vitamin-C-Lieferant nahm man ihn gern auf langen Seereisen mit, unter anderem, um dem gefürchteten Skorbut (Mundfäule), einer Vitaminmangelkrankheit, vorzubeugen. Besonders wenn sie roh gegessen werden, wirken die dicken, fleischigen, ähnlich wie Kapern schmeckenden Blätter des Meerfenchels appetitanregend und stärken den Organismus. Als Aufguss von frischen Pflanzen hat der Meerfenchel eine blutreinigende und harntreibende Wirkung. In der Küche verwendet man ihn in Salaten, als Vorspeise oder als Beilage.

Viele der durchaus nicht wenigen Tagestouristen auf Helgoland, auch die Inselbahn dreht hier direkt ihre Kurven, beachten diesen Neophyten überhaupt nicht. Sie starren derweil aufs Meer mit seinen riesigen Beton-Tetrapoden zum Inselschutz oder eben hinauf auf den Felsen mit Inselkirche, Leuchtturm und rot-weißen Funkmasten. Dafür habe ich nun gar keinen Blick – mir geht es nur um diesen früher in England auch gesammelten und in die Industriegebiete als Gesundnahrung verfrachteten, frostempfindlichen Wander- und Sonderling.

Anzunehmen ist, dass er mithilfte von Vögeln auf Helgoland anlandete, im Gefieder oder an den Füßen. Dreizehenmöwe, Tordalk, Trottellumme und der ganz oben am Felsrand brütende, fast handzahme Basstölpel sind auf Deutschands einziger Felsen- und Hochseeinsel nämlich ebenso ganz neue Brutvogelarten (sogenannte Neozoen). Wahrscheinlich zieht der Meerfenchel auch noch weiter nach Nordosten. Er tauchte kurzzeitig schon auf einer Nordfriesischen Insel auf.

Der Segen der Einwanderer

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