Читать книгу Der Segen der Einwanderer - Jürgen Feder - Страница 16
ОглавлениеDer stark bedornte Gewöhnliche Stechginster wird gern als natürlicher Zaun genutzt.
Gewöhnlicher Stechginster
Ulex europaeus
Familie der Hülsenfrüchtler
(Fabaceae)
Ein nicht einheimischer Vertreter unserer bodensauren Trockengebüsche, den sogenannten Ginstergebüschen, ist der Gewöhnliche, auch Europäischer Stechginster (Ulex europaeus). Er stammt ursprünglich aus West- und Nordwesteuropa und wurde anthropogen bei uns ausgesät bzw. ausgepflanzt – entweder als extrem stark bedornte Schönheit, aber auch als Zaunersatz, also als Hecken und auch zur Bodenfestlegung.
Dermaßen trockenheitsliebend, jedoch auch frostempfindlich, ist der Gewöhnliche Stechginster daher nirgends so vital wie an der deutschen Nordseeküste.
Zwar gibt es seit dem 17. Jahrhundert zahlreiche Ausbringungen auch im Binnenland, sogar weit nach Südsachsen und Rheinland-Pfalz hinein, aber hier tut sich dieser bis 2 Meter hohe und ganz im Norden auch schon mal bereits im milden Januar blühende Großstrauch schwer.
Fehlt ihm die Sonne, weht kein Sand, gibt es da nur Lehm, grobes Gestein, wird es feuchter oder frisst sich der Schatten anderer Gehölze an ihn heran, dann wird er rasch zum »Ritter der traurigen Gestalt«, dann mickert er ziemlich schnell und stirbt einfach ab.
Wenn er aber seine zahlreichen goldgelben, bis 2 Zentimeter langen Blüten zeigt, dann fällt mir nur eines dazu ein: einfach herrlich! Der Stechginster hat dann fast etwas Exhibitonistisches! Seine Blütenstiele, die dekorativ-goldbraunen Kelchblätter und später auch die Hülsen sind weich behaart. Darum will man ihn selbst im eigenen Garten haben, aber da ist es ihm viel zu nährstoffreich. Da hält er sich nie, jedenfalls was ich so gesehen habe. Im Landkreis Cuxhaven aber, etwa bei Sahlenburg, auf Langeoog und Baltrum kartierte ich schöne Stechginstergebüsche, auch noch im Osnabrücker Land um Abbaustellen. Aber viele alte Vorkommen sind schon längst versiegt, auch die winterkalte Ostseeküste ist nichts für ihn. Schon im so küstennahen Land Bremen existieren keine Stechginstergebüsche mehr. Ganz anders in England und an der Atlantikküste bis nach Portugal, da ist er längst zur invasiven Art erklärt worden, ja sogar selbst im fernen Australien.
Aber warum muss der Mensch auch immer alles überall haben? Wieso denkt er so selten nach? Abschreckende Beispiele hat es doch im Laufe der Jahrhunderte zuhauf gegeben.
Wenn ich mich 2006 an den Erie-See in Kanada und in den USA erinnere, unsere »popelige« Knoblauchsrauke wuchert dort hektarweise als dortiger Neophyt in allen Wäldern! Nun, das kommt dann davon.
Der Stechginster steht inzwischen in Niedersachsen – schon lange übrigens – sogar auf der Roten Liste der bedrohten Pflanzenarten. Das machen wir bei Ankömmlingen nur in ganz seltenen Fällen, nämlich immer dann, wenn er als einmal eingebürgerte Art dann wieder abnimmt, also gefährdet ist. Und das ist hier der Fall, wie überall in Deutschland.
Ein Spektakel sind seine bis zu 5 Zentimeter langen Kurztriebe, die zu Dornen umgewandelt sind. Ein probates Mittel gegen Mensch und Tier, gleich einem »Nato-Draht«. Deshalb wird der Stechginster auch gern ab und zu als natürliche Auslaufbegrenzung z. B. für Pferde und Rinder eingesetzt. Wer sich in die Dornen reinsetzt, wird diesen Hülsenfrüchtler sein Lebtag nicht mehr vergessen – also Lernen durch Schmerz sozusagen … Außer als Dekoware und zur Grundstücksabgrenzung werden die brandresistenten Samen dieses stark giftigen Gewächses als Arzneidroge (Cytisin) verwendet.
Aus den Blüten dieser frühen Bienen- und Hummelpflanze lässt sich gelber Farbstoff gewinnen, der zum Färben von Textilien verwendet wird. Der Gewöhnliche Stechginster verbessert zudem den Boden, denn er ist in der Lage, Stickstoff aus der Luft in bodenbürtigen Nährstoff umzuwandeln, was aber im Naturschutz eher nicht gewollt ist. Ferner dienen Ulex-Lektine als Marker für etwaige venöse Tumorzellen. Also, doch gar nicht so schlecht, was dieser bei uns neue Stechginster zu bieten hat!