Читать книгу Der Tod lauert im Internet - Jutta Pietryga - Страница 10
ОглавлениеKapitel 5 Sarah Kramer
Nachrichten. „Heiß, heißer, noch heißer. Deutschland ächzt unter Höchsttemperaturen. Am Wochenende soll erst bei 36 oder 39 Grad Celsius das Limit erreicht sein. Derzeit scheint es durchaus möglich, dass auch die 40-Grad-Marke geknackt wird. Man spricht schon von einem Jahrhundertsommer.“
„Toll! Hört sich wieder tierisch heiß an,“ schimpft Sarah. „Langsam könnte es wirklich kühler werden. Ich will endlich mal wieder richtig schlafen, anstatt mich nur herum zu wälzen. Gut, dass ich heute erst zum Nachtdienst muss, dann ist es bereits frischer.“ Sie überlegt, was sie anziehen könnte, bei der Bullenhitze natürlich so wenig wie möglich. Doch bei ihrem Job als Medizinische Fachangestellte in einem Krankenhaus am Stadtrand von Hannover, müssen alle tipptopp gekleidet sein. Unmöglich, das anzuziehen, was man gern möchte. Sarah arbeitet dort an der Rezeption. Sie mag diese Klinik, obwohl sie nicht zu den Größten gehört. Aufgrund ihrer Überschaubarkeit versinken hier die Patienten und Mitarbeiter nicht in die Anonymität, wie es in den großen Krankenhäusern oft der Fall ist und das gefällt nicht nur ihr. Das Haus hat einen ausgezeichneten Ruf. Belegärzten, Krankenhausärzte in den Hauptabteilungen innere Medizin, Orthopädie und Gynäkologie versorgen die Patienten. Berühmtheiten aus aller Welt haben sich hier schon behandeln lassen. Über den Flughafen Hannover-Langenhagen, Auto- und der Stadtbahn ist sie gut zu erreichen. Ihre Lage auf einem parkähnlichen Grundstück macht sie zusätzlich attraktiv für Kranke und Besucher. Der Silbersee auf dem Gelände ist ein zusätzlicher Pluspunkt. Die Patienten sind mit ihrem Krankenhaus sehr zufrieden, das bestätigen die neuesten Befragungen. Auf diese guten Ergebnisse der Umfrage ist Sarah stolz, denn sie gehört dazu, ist Teil des Ganzen und trägt zum Wohlbefinden der Patienten bei. Die abwechslungsreiche Tätigkeit an der Rezeption macht ihr Spaß. Sie liebt ihre Arbeit, hört den Menschen zu und nimmt ihre Anliegen ernst. Die Patienten fühlen, dass Sarah nicht nur freundlich tut, sondern dass es von Herzen kommt und so vertrauen sie sich ihr immer wieder gerne an.
Ihre dunkelbraune Augen mustern kritisch ihre Figur in dem türgroßen Kleiderschrankspiegel. Die Mundwinkel wandern nach unten, nicht gerade die Norm, wie es die Medien Frauen einzuhämmern versuchen, stellt sie fest. Energisch schüttelt sie die langen, kastanienbraunen Haare, egal, für ihre Dreißiger ist sie zufrieden mit dem, was ihr entgegenblickt. Da gibt es Jüngere, die schlechter aussehen.
Entschieden zeigt sie dem Spiegel ihre Zunge. Zeit für die Kleiderfrage. Seufzend widmet sie sich der Tiefe des Kleiderschrankes, schiebt die Bügel unentschlossen hin und her. Prüfend begutachtet sie ein Hängerchen. Locker und weit geschnitten, an Stoff nicht zu viel und nicht zu wenig, wäre es genau das Richtige bei dieser Hitze. Eine Sondermeldung aus dem Radio lässt sie aufhorchen.
„Liebe Zuhörer trotz aller Warnungen offenes Feuer in den höchst gefährdeten trockenen Wäldern zu unterlassen, ist es, wie wir soeben erfahren haben, in der Umgebung von Celle zu einem Waldbrand gekommen. Die Einsatzkräfte befinden sich noch vor Ort. Wir hoffen alle, dass sie den Brand bald unter Kontrolle bringen. Jeder fürchtet sich vor einer Wiederholung ähnlich dem Inferno Anno 1975 als die Heide brannte. Wir werden sie auf dem Laufenden halten...“
Sarah erschrickt und zuckt dann die Schulter. Das ist eine ganze Ecke weg.