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Kapitel 13 Sarah

Sarah schreckt hoch. Weiß nicht, was los ist. Scheiß Wecker! Wie ich diesen Ton hasse! Am liebsten hätte sie ihn gegen die Wand gedonnert. Stattdessen schwingt sie die Beine aus dem Bett. Sie meint, kaum geschlafen zu haben. Um die Somnolenz abzuschütteln, dehnt und streckt sie sich ausgiebig auf der Bettkante. Diese Nachtschichten sind echt Scheiße, total anstrengend der Tag danach. Langsam sinkt ihr Herzschlag wieder auf Normfrequenz. Sie gähnt herzhaft, überlegt wie lange sie geschlafen hat. Um 7.30 Uhr kuschelte sie sich zufrieden ins Bett. Kurz vor dem Einschlafen dachte sie, nicht ohne Schadenfreude, wie viele jetzt aufstehen mussten oder sich auf dem Weg zur Arbeit befanden. Und sie durfte schlafen! Grinsend hat sie sich unter dem leichten Laken, das sie aufgrund der Bullenhitze, statt der Bettdecke benutzte, gestreckt. Leider wachte sie ständig auf und blickte andauernd auf die Uhr. Bei der Hitze schläft man schon in der Nacht mehr recht als schlecht, am Tage ist es schier unmöglich! Durch das häufige Aufwachen und erneute Einschlafen ist sie sich wie gerädert. Im Prinzip mag sie die Nachtschichten. Im Krankenhaus herrscht dann eine ganz andere Atmosphäre. Viele hätten die Ruhe als unheimlich empfunden, aber Sarah findet sie geheimnisvoll. Diese Stille kommt ihr irgendwie abwartend vor. Mehr schlafend als wach watschelt sie in die Küche. Erstmal Kaffee! Ohne den braunen Lebenselixier klappt in ihrem Zustand gar nichts. Die Lider geschlossen, den Rücken an die kühle Spüle gelehnt, versucht sie, die Benommenheit abzuschütteln. Als die Kaffeemaschine zu blubbern anfängt, schlurft sie ins Badezimmer. Die Augen immer noch nicht ganz auf, linst sie in den Spiegel. Augenblicklich zuckt sie zurück. Ihre Nasolabialfalte ist heute ausgeprägter denn je. Ärgerlich kräuselt sie die Nase, sagt laut.„Na, das muss wohl ich sein, die so Scheiße aussieht.“ Haargenau so fühlt sie sich. Sie streckt der Person im Spiegel, die ausschaut wie sie, die Zunge heraus. „Noch eine Nachtschicht. Dann ist es erst einmal geschafft. Nach drei Tagen Pause siehst du auch wieder besser aus. Schade, dass Robert bis dahin nicht zurück ist. Robert, ihr Ehemann ist begeisterter Motorradfahrer. Zurzeit amüsiert er bei einem Biker-Treffen im Harz. Jedes Jahr findet dort im Sommer ein großes Beisammensein statt. Ein Riesenspektakel. Man lernt viele nette Leute kennen und macht gemeinsame Ausfahrten. Abends wird ordentlich gefeiert. Dazu ausgiebig gefachsimpelt. Ihr Mann versäumt nie, daran teilzunehmen. Eigentlich war geplant, dass sie mitfuhr. Dann erkrankte eine Kollegin. Der gesamte Dienstplan musste umgeschrieben werden. Natürlich durfte sie den Nachtdienst schieben. Wirklich traurig ist sie nicht. Motorradfahren ist nicht ihr Ding. Sie ist immer heilfroh, wenn sie wieder vom Bock herunterklettern kann. Doch Robert zuliebe wäre sie mitgefahren. Denn das restliche Drum und Dran gefällt ihr schon. Außerdem unternahmen sie in letzter Zeit viel zu wenig gemeinsam. Sarah öffnet die Tür des Badezimmerschrankes. Greift zur Zahnpasta. Sie stutzt, klimpert mit den Augen. Irritiert schaut sie auf das unterste Regal des Schränkchens. Komisch! Wieso liegt Roberts Ring da? Sie setzt sich aufs Klo, putzt dabei grübelnd ihre Zähne. Die Stirn in Falten gelegt sucht sie eine Erklärung. Ein dicker Kloß bildet sich in ihrer Magengegend. Furcht wallt auf. Sie verscheucht die Überlegungen, die in ihrem Kopf Gestalt annehmen wollen. Bestimmt hat er vergessen, ihn nach dem Waschen wieder aufzustecken..... Aber er nimmt doch sonst den Ring nicht ab! Erneut erstarrt sie. Befürchtungen liegen auf der Lauer. Energisch steht sie auf, spült mit Bestimmtheit, als könne sie alle negativen Gedanken damit loswerden. Sie beschließt, erst einmal, die Zeitung aus dem Briefkasten zu holen. Dorthin ist es nicht weit. Deshalb läuft sie, so wie sie ist, in ihrem Schlafanzug, knappen Shorts sowie einem Tanktop, die Treppe hinunter. Wenn Robert sehen würde, in was für einen Aufzug ich durchs Treppenhaus gehe, gäbe es bestimmt Mecker. Natürlich ist sie nicht allein an den Postkästen. Dieser unsympathische Nachbar aus der zweiten Etage hantiert dort herum. Ausgerechnet den muss ich hier treffen! Scheiße hätte ich mich bloß umgezogen Überzogen lange fummelt der Kerl an seinem Postkasten. Der Typ lässt sich absichtlich Zeit, seine Zeitung aus dem Kasten zu fingern. Dass der überhaupt Tageszeitung liest! Gestalten wie der lesen doch eher diese Heftchen mit den gewissen Bildern. Ihr Briefkasten liegt in der untersten Reihe. Um ihn zu öffnen, muss sie sich vorbeugen. Vorsorglich hält sie eine Hand diskret am Halsausschnitt ihres Shirts. Trotzdem verrenkt der Kerl den Hals, um irgendetwas erspähen zu können. Ihre Augen funkeln ihn giftig an. Aber er fixiert sie weiter. Setzt einen, wie er höchstwahrscheinlich findet, verführerischen Schlafzimmerblick auf. „Einen wunderschönen guten Tag. Gerad erst aufgestanden schöne Nachbarin? War’s schön im Bett.“ Grinst er süffisant. Oh, dieses Grinsen, was für ein ekliger Typ. Je oller, je doller. Wie der auf meine Titten starrt! Gerne hätte sie ihm eine reingehauen. Stattdessen sagt sie mit dem hochmütigsten Gesicht, das sie aufbringen kann. „Guten Tag, Herr Gottschalk.“ Denkt: Alter geiler Sack! Wie der herum läuft! Die speckigen Haare viel zu lang. Und natürlich trägt er den unvermeidlichen Jogginganzug, den man eben trägt, wenn man älter und zu Hause ist. Freizeitanzug nennen solchen Typen dieses Outfit. Sandalen mit Socken dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen. Im Treppenhaus stampft Sarahs wütend die Stufen empor. Ihre Laune bewegt sich unaufhörlich auf den roten Bereich des Thermometers zu. Das nun unbedingt erforderliche Zuknallen der Wohnungstür, lässt ihr Stimmungsbarometer minimal nach oben klettern. Der heiße Kaffee, den sie genüsslich schlürft, beschleunigt dieses Klettern. Die inzwischen fertig gerösteten Toastscheiben bestreicht sie dick mit Nutella, was ebenfalls dem Stimmungsbarometer zugutekommt. Damit setzte sie sich an dem kleinen Küchentisch unter dem Fenster und schlägt den Lokalteil der Tageszeitung auf.

Die Kriminalpolizei bittet um ihre Mithilfe. „In den frühen Morgenstunden wurde in der List, Nähe Lister Meile, eine junge Frau tot aufgefunden. Eine Rentnerin, die ihren Müll hinunter bringen wollte, fand das Opfer, das mit mehreren Messerstichen getötet wurde. Die alte Dame erlitt einen Schock und musste ins Krankenhaus gebracht werden.“Die Polizei fragt, ob jemand etwas Auffälligen gesehen hat. Sachdienliche Hinweise bitte an die folgende Telefon-Nummer ....

Sarah bekommt eine Gänsehaut. Wie schrecklich. Wer tut so etwas Grausames. Das arme Mädchen! Sie schüttelt sich, blättert weiter. Die Stimme des Nachrichtensprechers aus dem Radio lässt sie aufhorchen. Ihre Aufmerksamkeit gilt jetzt den verbalen Informationen.

„Es ist heiß. Ganz Westeuropa stöhnt und ächzt im Glutofen der Sonne. Paris. 37 Grad - Trinkwasserknappheit, Kopenhagen. 35 Grad - Ernteausfälle, Madrid. 41 Grad - Waldbrände, Köln. 38 Grad - über 80 Kreislaufzusammenbrüche. Wie wir schon mehrfach mitteilten, ist mit der Hitze auch die Waldbrandgefahr gestiegen. Durch die hohen Temperaturen der letzten Wochen ist der Waldboden total ausgetrocknet. Der Brand, der vor zwei Tagen im Raum Celle ausbrach, ist Gott sei Dank unter Kontrolle. Das Forstamt sowie die Feuerwehr warnen jedoch nach wie vor eindringlich vor offenem Feuer in Wald- und Heidegebieten. Bitte verzichten Sie dort unbedingt auf das Rauchen.“

Es wird ja wohl keiner so bescheuert sein, jetzt im Wald zu rauchen, denkt Sarah. Aber Blödmänner gibt’s bekanntlich ja immer.

Der Tod lauert im Internet

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