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Kapitel 2 Einsamkeit

Ein anstrengender Tag liegt hinter der Person. Bei einem grünen Tee mit viel Eiswürfeln sucht sie Entspannung. Mit geschlossenen Augen, genießt sie den ersten Schluck des Getränks, stellt die Tasse ab und greift zu dem angefangenen Roman auf dem Couchtisch. Eine Weile liest sie entspannt.

Dann, wie aus dem Nichts, fällt sie jenes Gefühl an. Sie hasst es, wenn es sie überkommt. Die Stille um sie, löste es aus, förderte es zutage. Die Empfindung von Verlassenheit springt sie an wie ein Tier, packt und schüttelt sie, lässt nicht los, umklammert sie, drückt zu und droht sie zu ersticken. Die Person versucht, sich abzulenken. Es gibt etliche, die allein leben. Das muss nicht gleichbedeutend mit Einsamkeit sein. Viele genießen das Alleinsein. Das Gefühl gewinnt an Boden. Sie verzweifelt. Weshalb empfinde ich so? Ich will das nicht! Eigentlich habe ich genug um die Ohren, bin oft mit vielen Menschen zusammen, schon von Berufs wegen. Warum zum Teufel fühle ich so!

Schließlich hält sie es nicht aus. Fluchtartig verlässt sie das Wohnzimmer. Getrieben rennt sie von einem Zimmer in das nächste. Sie muss diesem Gefühl entfliehen, es nicht gewinnen lassen. Sie will die Einsamkeit, die fürchterliche Leere, herausschreien, weitergeben an die Welt, Platz machen für das Glück, damit es den Weg zu ihr fände. Irgendwann schlurft sie zurück ins Wohnzimmer.

Höhnisch blickt ihr der schwarze Bildschirm des Fernsehers entgegen. Innerlich zerrissen greift sie zu der Fernsteuerung vor ihr auf dem Tisch. Ihre Hände zittern. Das Ding entgleitet ihr, rutscht unter die Couch. Auf Knien angelt sie fluchend nach der Fernbedienung, erreicht diese knapp mit den Fingerspitzen. Teilnahmslos zappt sie dann durch das Programm. Bei einer Soap, die wie immer von Liebe handelt, stoppt sie. Genervt schaltet sie weiter, landet bei einer Tierdokumentation. Auch nicht ihr Ding. Aber sie stellt die Lautstärke hoch, so laut, dass sie es gerade noch erträgt. Die Stille bleibt.

Die Flasche Wein im Kühlschrank fällt ihr ein. Jetzt kreisen ihre Gedanken um das Eine, den Alkohol. Der würde entspannen. Die Person stöhnt. Sie will nicht! Das Verlangen gewinnt die Oberhand. Nach drei Glas hat sie den Pegel erreicht, genau diesen Stand des Entspanntseins. Es fühlt sich gut an. Liegt das am Wein, dessen Menge es gilt exakt abzumessen, oder erwies ihr die Natur einfach die Gnade entspannt und glücklich zu sein. Sie hinterfragt es nicht lange. Genießt es!

Die blöde Fernbedienung fällt erneut herunter, diesmal unter dem Tisch. Sie landet auf die Vorderseite. Das Programm springt wieder auf diese dämliche Soap. Jetzt ist es ihr gleichgültig. Gelöst lehnt sie sich an die Sofalehne. Die Welt ist ein Stück zurückgetreten. Alles ist egal geworden. Unbeteiligt starrt sie auf den Bildschirm. Schließt die Augen. Sie ist kurz davor ins vollständige Vergessen hinüber zu gleiten. Das Wort Date lässt sie aufhorchen. Aufmerksam blickt sie zum Fernseher. Zwei Teenies hocken vor einem PC. Einer beackert die Tastatur. Der andere brüllt.

„Warte mal! Warte, die sieht doch toll aus.“

„Ne, die ist doch voll bescheuert.“

„Dann scroll langsamer! Mal schauen, was es da für Tussen gibt.“

Was treiben die da? Letztendlich dämmert es ihr. Erneut tigert sie durch die Wohnung, diesmal nicht getrieben, sondern nachdenklich mit langsamen, forschenden Schritten. Das könnte die Lösung sein, das Internet! Datingbörsen!

Den Laptop auf den Knien schielt sie auf die Weinflasche. Ist jetzt auch egal, findet sie, füllt erneut das Glas. Sie schlägt den Rechner auf und wählt die von ihr bevorzugte Suchmaschine, gibt Datingdatei ein. Erwartungsvoll fixiert sie den Bildschirm und staunt über die Unmenge an Partnerbörsen, selbst ausschließlich chinesische preisen ihren Dienst an.

Sie klickt etliche an und arbeitet sich durch die verschiedenen Reiter. Vieles kann umsonst eingesehen werden, aber die meisten haben nach der Anmeldung eine Aufteilung in kostenlosem und kostenpflichtigem Service. Bei einigen ist die Registrierung, das Hochladen eines Profilbildes, das Ausfüllen und das Ansehen von anderen Profilen gebührenfrei. Aber will man Kontakte knüpfen, kostet das immer Geld.

Möchte nicht wissen, wie vielen das egal ist, weil sie auf Glück und Liebe im Internet hoffen. Sie wählt das Datingportal, das im Test am besten abgeschnitten hat. Auf der Chatseite schildert sie sich in den schillernsten Farben, wie sie sich sieht, so, wie sie sein möchte.

Vielleicht klappt es mit dem großen Glück, hofft sie, wie so viele.

Der Tod lauert im Internet

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