Читать книгу Der Tod lauert im Internet - Jutta Pietryga - Страница 23
ОглавлениеKapitel 14 Im Wald
Schon als Kind fand sie es unheimlich im Wald. Sie ging ungern dorthin, obwohl sie seinerzeit nie allein war. Auch heute fühlt sie sich äußerst unbehaglich. Aber sie muss hier sein. Muss ihre Furcht bezwingen. Ihr Therapeut riet ihr, sie solle sich der Angst stellen. Nur so könne sie diese beherrschen. Damals empfand sie das Gruseln als angenehm, genoss die wohligen Schauer, die ihren Rücken entlangliefen. Das war, bevor es geschah! Als Kind spukten allerlei Fantasien und gruselige Gedanken in ihrem Kopf herum. Sie liebte Märchen und Gruselgeschichten. Besonders faszinierte sie eine Hexe, die in einem dicken, alten Baumstamm wohnen sollte. Sie stellte sich vor, wie es wäre in einem Baum, zu leben. Man durfte, sollte, nie allein in den Wald gehen. Das war strengstens verboten. Die Erwachsenen, die großen Geschwister und Freunde munkelten, da könnten Räuber oder Mörder lauern. Das erzählten sie ihr, obwohl sie es nicht wissen wollte. Dennoch lauschte sie mit glänzenden Augen auf das, was sie sagten, auf das, was sie zu wissen glaubten. Das Mädchen genoss die Schauer, die ihr dabei über den Körper liefen. Sie liebte diese Gänsehaut.
Dunkel und gruselig war es im Wald. Die Bäume dicht aneinander gedrängt. Ihre Äste schienen nach dem Himmel zu greifen. Das dichte Astwerk erschwerte der Sonne, ihr Licht in den Wald zu senden. Ab und zu gelang es ihr. Dann malten Lichtstreifen helle Kringel auf den Wegen, oder verwandelten die Blätter in gleißendes Gold. Ständig raschelte es geheimnisvoll, meistens hinter ihr. Sie wandte sich dann schnell um. War da jemand?! Sie wollte sich nicht umdrehen. Doch es war wie ein Zwang. Sie tat es immer wieder, obwohl doch niemand merken sollte, dass sie sich fürchtete. Gott sei Dank war sie nie allein im Wald. Bis zu dem einen Tag! Dem Tag, nachdem sie nie wieder in dem Wald gegangen ist.
Doch heute, heute ist sie hier!
„Ich muss mich meiner Angst stellen“, sagt sie laut, will sich Mut zusprechen.
Es knackt hinter ihr. Sie hört es rascheln. Es knistert von allen Seiten. Erschrocken zuckt sie zusammen. Ängstlich schiebt sie die Schultern nach oben. Ich drehe mich nicht um. Da ist niemand! Wer soll hier sein. Nur die Vögel sind hier. Die Vögel und ich. Tapfer setzt sie einen Schritt vor den nächsten. Wagt sich tiefer in den Wald. Ein modriger Geruch kitzelt ihre Nase. Vögel zwitschern fröhlich. Die Sonne siegt auch heute, schickt ein paar Sonnenstrahlen durch das Blätterwerk und malt goldglänzende Muster auf den Weg. All das sieht sie und versucht es schön zu finden. Sie will den Wald schön finden. Jedoch die Angst ist da, lässt sich nicht verscheuchen. Eisiges Kribbeln kriecht ihr über die Haut. Da ist jemand! Sie spürt es intensiv. Jemand beobachtet sie! Bohrt mit seinen Blicken brennende Löcher in ihren Rücken. Stille! Es ist totenstill, als warte die Welt auf ein Signal. Selbst die Vögel schweigen. Sie traut sich, nicht zu atmen, hält die Luft an. Wagt es! Dreht sich um.