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Blinder generativer Fleck

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Der Sehnervenkopf unserer Augen ist für Lichtreize nicht empfänglich. Dies ist der blinde Fleck des Auges. Unser Gehirn muss den blinden Fleck konstruktiv überbrücken, damit wir auch dort „sehen“, wo wir physiologisch betrachtet gar nichts sehen können. In der Sozialpsychologie bezeichnet der blinde Fleck Ichanteile, die von der betreffenden Person nicht wahrgenommen werden. Sie werden durch Abwehrmechanismen gebildet.

Im Rahmen des Antinatalismus bezeichnet „blinder Fleck“ die Summe jener Abwehrmechanismen, die uns nicht sehen lassen, dass wir durch unser generatives Verhalten die von uns – durchaus kritisierten und abgelehnten – Leiden in der Welt zuallererst ermöglichen: Der blinde generative Fleck residiert im Übergewicht positiver Vorzeichen, mit denen die bioaxionome Urschicht das perinatale Umfeld belegt.

Selbst ein Krypto-Antinatalist wie Terry Eagleton (*1943) belegt den blinden generativen Flecken, wenn er schreibt: „Solange es beispielsweise Liebe und Tod gibt, wird die Tragödie der Trauer um geliebte Menschen, die von uns gegangen sind, fortdauern. (…) Zwar liegt es nicht in unserer Macht, Tod und Leid abzuschaffen, doch gilt das keineswegs für soziale Ungerechtigkeit.“ (Eagleton, Das Böse, S. 52 und 53) An dieser Stelle hat der Autor vorübergehend „vergessen“, dass wir uns nicht von Natur aus fortpflanzen und jede sich nicht fortpflanzende Person Trauer, Tod und Leid abgestellt hat, insofern kein Nachkomme da ist, der sie durchmachen muss.

Auch dort, wo Eagleton von der menschlichen Freiheit handelt, ist der blinde generative Fleck wirksam. Für ihn ist die Freiheit „eine Bedingung, die wir nicht gewählt haben – und für die niemand verantwortlich ist.“ (Das Böse, S. 47) Selbstverständlich sind nativistisch aufgeklärte Eltern verantwortlich.

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