Читать книгу Antinatalismus - Karim Akerma - Страница 215
Doppelschuld, elterliche
ОглавлениеDafür, dass Eltern den Existenzbeginn neuer Menschen bewirken und verantworten, haben wir einen Begriff: Wir sagen, Eltern zeugen ihre Kinder und sind für sie verantwortlich. Um zu signalisieren, dass Eltern als unweigerliche Konsequenz ihrer Zeugungstat gleichfalls dafür verantwortlich sind – sofern sie diese Tat auch hätten unterlassen können –, dass ein Mensch (ihr Kind) sterben muss, verfügen wir über keinen präzisen Begriff. Zu Recht sagen wir nicht: Eltern „töten“ ihre Kinder. Nicht zu leugnen ist indes, dass sämtliche Eltern alle ihre Kinder zeugen, obwohl ihnen, einmal gezeugt, der sichere Tod bevorsteht. Alle Eltern haben so gehandelt, dass ein Mensch sterben muss. Hierbei handelt es sich um ein Neganthropikon, welches wir mit dem Begriff der fahrlässigen Tötung kategorial einfangen können. In Anbetracht des Umstands, dass Eltern Leben- und Sterbenmüssen ihrer Kinder zu verantworten haben – für das Diktat der Geburt und das Diktat des Sterbenmüssens verantwortlich sind –, sprechen wir von elterlicher Doppelschuld.
Thanatalitätsblindheit