Читать книгу Antinatalismus - Karim Akerma - Страница 216
ОглавлениеDrogen und Rausch
Natürliche oder synthetische Chemikalien, die die Menschheitsgeschichte hindurch zwecks vorübergehender Daseinspositivierung metabolisiert wurden. Werner Sombart geht so weit zu sagen, dass die Menschheit ohne die Fluchtmöglichkeit in die Droge bereits ausgestorben wäre:
„Will man alles das, was der Geist tut, um uns das Leben auf dieser Erde erträglich zu machen, um uns zum Ausharren zu bewegen, metaphysisch in einem Begriffe erfassen, so kann man sagen, dass er uns auf die verschiedenste Weise in einen Rausch versetzt und uns im Rausche uns und unser Elend vergessen lässt… Opium und Kokain, Wein, Bier und Schnapf, Spiel und Tanz, Liebe und Arbeit, Ruhm und Opferung, Begeisterung und Enthusiasmus: alles sind nur Mittel des Rausches, dem wir unser Ausharrren auf dieser Erde verdanken.“ (Sombart, Vom Menschen, S. 60)
Schopenhauer opponierend, ist es laut Sombart nicht der blinde Wille, der uns im Dasein festhält. „Sondern: ‚das Leben‘ – freilich das gebrochene Leben, wie es die Menschheit zu führen verdammt ist – fühlt sich hienieden keineswegs behaglich und froh: es würde, je eher, je lieber aus diesem Jammertale fliehen. Und nur der Geist ist es, der es – aus Gründen, die uns ewiges Geheimnis bleiben werden – an diese Erde mit tausend Banden fesselt. Es weiß es über sein Elend so geschickt hinwegzutäuschen, dass es seinem Drange, sich selbst zu endigen, widersteht, ja, dass die Träger dieses fragwürdigen Lebens, die Menschen, immer wieder zu der Überzeugung kommen: das irdische Dasein sei im Grund gar nicht so unerträglich, wie es ihnen erschienen ist. Das macht der Rausch, das macht der Zauber, aus dem sie sprechen.“ (Ebd.)
Sombarts Drogenthese sieht sich durch Überlegungen von Sarah Perry gestützt. Perry gibt den wichtigen Hinweis, dass die Frage „Sind Sie froh, dass Sie geboren wurden?“ viel zu direkt und zudringlich ist, als dass wir eine reflektierte Antwort erwarten könnten. Um zu sehen, ob Personen ihr Dasein in ihrem tiefsten Innern eher verneinen oder bejahen, müssen wir umwegiger vorgehen und nachsehen, ob und auf welche Weise Menschen es für nötig befinden, sich ihr Leben erträglich zu machen. Tun wir dies, so entdecken wir laut Perry ein breites Spektrum an daseinsrejektionistischen Verhaltensweisen, wie Drogenkonsum. Daseinsrejektionistisch begeben sich Menschen in einen vitalistischen Rausch, um das Dasein erträglicher zu machen, auch wenn damit die künftige Gesundheit oder das Dasein als solches aufs Spiel gesetzt wird. (vgl. Perry, S. 160f, 167, 187 sowie van Bruggen, S. 188)
Hoffnung
Droge Dasein
Cazalis erkennt in unserem Dasein ein Drogenanalogon: „Wie das Opium versorgt uns das Leben schnell mit irgendwelchen Halluzinationen, um uns dann zu töten.“{59} Erschreckenderweise, wäre mit Cazalis anzufügen, verabreichen Eltern diese Droge ihren eigenen Kindern.