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Die vierte Seligpreisung

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Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten,

denn sie werden gesättigt werden.

Als guter Orientale gebraucht Jesus auch hier sehr scharfsinnig die dort übliche Bildsprache. Mit der Formulierung „nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten“ wird in Worten, die eigentlich für körperliche Bedürfnisse stehen, eine geistliche Wirklichkeit beschrieben. Die überwiegende Mehrheit der Menschen in höher entwickelten Ländern besitzt mehr Lebensmittel und Wasser, als sie benötigt; doch arme Menschen wissen noch, was Hunger ist. Sie kennen Durst als Existenzsorge, während in Industrieländern echter Durst fast unbekannt ist. Das ist schon so lange der Fall, dass sich dort immer mehr Selbstzufriedenheit breitmacht und Gottes kostbare Geschenke, Nahrung und Wasser, verschwendet werden. Im Gegensatz dazu kannten viele Menschen in Jesu Welt sowohl erbarmungslosen Hunger als auch lebensbedrohlichen Durst.

Einmal wäre ich fast verdurstet. Während ich im Süden von Ägypten lebte, reiste ich einmal mit einer Gruppe von Freunden tief in die Sahara hinein. Als unsere Kamelkarawane loszog, stieg die Temperatur auf über vierzig Grad im Schatten; nur, dass es keinen Schatten gab. Unterwegs verlor ein undichter Wasserschlauch aus Ziegenleder all seinen kostbaren Inhalt.

Da wir in der Hitze viel Wasser brauchten, ging es bald zur Neige, und eineinhalb Tage lang reisten wir unter schrecklichem Durst weiter. Das Ziel unserer Exkursion war Bir Shaytun, eine berühmte Quelle tief in der Wüste. Unser Guide versprach uns, dass sie niemals austrocknete – aber konnten wir lange genug überleben, um das lebensspendende Nass zu erreichen? Mein Mund trocknete völlig aus und essen war unmöglich, denn beim Schlucken fühlte sich mein Hals an, als würden zwei Stücke Sandpapier aneinanderreiben. Ich konnte nur noch verschwommen sehen und es kostete mit jedem Schritt größere Überwindung, weiterzugehen. Wir wussten: Wenn die Quelle ausgetrocknet wäre, hätten unsere bewaffneten Wachposten uns wahrscheinlich unsere drei Lastkamele gewaltsam abgenommen und wären mit ihnen zurück ins Tal gezogen, während sie den Rest von uns dem sicheren Tod in der Einöde überlassen hätten. Während ich vorwärtsstolperte, fiel mir dieser Vers ein und ich wusste, dass ich mich nie mit der gleichen unbeirrbaren Leidenschaft um Gerechtigkeit bemüht hatte, wie ich jetzt dem Wasser nachjagte.

Ja, wir schafften es, uns zur Quelle zu schleppen, und sie war voller „Wein Gottes“, wie Wasser von den Wüstenstämmen des Nahen Ostens genannt wird. Dabei lernte ich etwas über die Sprache Jesu. In einer Welt, in der Wasser rar und Reisen beschwerlich war, wussten seine Zuhörer, was es bedeutete, nach Nahrung und Wasser zu „hungern und dürsten“. Sie konnten verstehen, was Jesus über die verzehrende Leidenschaft nach Gerechtigkeit sagte.

Doch Jesus sagte nicht: „Glückselig, die ein gerechtes Leben führen“, sondern vielmehr: „Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten“. Diese Aussage setzt voraus, dass Gläubige ständig nach Gerechtigkeit trachten. Glückselig sind nicht diejenigen, die Gerechtigkeit umsetzen, sondern diejenigen, die um jeden Preis nach einer vollkommeneren Gerechtigkeit streben. Dieses beständige, unermüdliche Streben nach Gerechtigkeit zeichnet die Menschen aus, denen Jesu Seligpreisung gilt.

In Matthäus 13,44-46 finden wir zwei zusammengehörende Gleichnisse, die Licht auf diese Seligpreisung werfen. Das erste vergleicht das Himmelreich mit einem Mann, der einen Schatz in seinem Acker findet und alles verkauft, um diesen Acker zu erwerben. Das zweite Gleichnis vergleicht das Himmelreich mit einem Kaufmann, der nach einer sehr wertvollen Perle sucht. Entgegen dem weitverbreiteten Verständnis wird das Himmelreich im zweiten Gleichnis nicht mit der Perle verglichen, sondern mit dem Kaufmann, der danach sucht. Die Seligpreisung, die wir gerade betrachten, entspricht dem zweiten Gleichnis. Die Gläubigen, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, werden in ihrem Streben als glückselig bezeichnet. Doch was genau ist Gerechtigkeit?

Jesus war kein Europäer

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