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Die neunte Seligpreisung

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Die neunte Seligpreisung hat den klassischen rhetorischen Aufbau, der in Abbildung 6.1 skizziert wird.

Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen
und verfolgen
und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden
um meinetwillen. Jesus
Freut euch und jubelt, +
denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; +
denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren.

Abbildung 6.1: Der rhetorische Aufbau der neunten Seligpreisung

Die Form der Seligpreisung ist hier auf ein „theologisches Sandwich“ erweitert. Wenn man die fünf Teilsätze in der Mitte entfernt, lautet sie:

Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen […]

denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren.

Insgesamt umfasst der Vers sieben Teilsätze – die klassische Vollkommenheitszahl. Und was bedeuten diese sieben Teilsätze?

Erstens ist zu sehen, dass sich die Seligpreisung folgendermaßen zusammenfassen lässt:

1. Eröffnungszeile
2. zwei negative Aussagen
3. Verweis auf Jesus
4. zwei positive Aussagen
5. Schlusszeile

Die Eröffnungs- und Schlusszeile gleichem dem Brot eines Sandwichs. Die zwei Negativ- und Positivaussagen sind wie Salatblätter. Der Höhepunkt kommt in der Mitte. Diese Form nennt man „Ringkomposition“, „gespiegelter Parallelismus“ oder „Chiasmus“.

Dieses alte jüdische Stilmittel war sowohl Jesu Zuhörern als auch Matthäus’ Lesern bekannt. Es ist möglich, die Eröffnungs- und Schlusszeile als von Jesus ausgesprochene Seligpreisung zu lesen. Das zusätzliche Material in der Mitte, das aus der Seligpreisung ein „Sandwich“ macht, lässt sich als Ergänzung zur ursprünglichen Aussage Jesu sehen, die von der zunehmend unter Verfolgung leidenden Urgemeinde vorgenommen wurde. Das heißt, Jesus gab den Jüngern die zweizeilige Seligpreisung mit auf den Weg, und die Jünger fügten das neue Material in der Mitte hinzu. Eine zweite Interpretationsmöglichkeit wäre, dass Jesus gegen Ende seines Wirkens auf der Erde, als die Feindseligkeit gegen ihn zugenommen hatte, seine eigene Seligpreisung erweiterte. In beiden Fällen ist die Bedeutung klar: Die Propheten waren treu und wurden verfolgt. Wenn Jesu Nachfolger ihm treu sind und für diese Treue unterdrückt werden, können sie sich freuen, dass sie sich in der Gesellschaft der Propheten befinden und voller Zuversicht auf eine große Belohnung hinleben. Die Person Jesu ist der Höhepunkt der sieben Aussagen.

Damit ist ein entscheidender Wendepunkt in den Seligpreisungen erreicht. Bis hierhin lassen sich alle aus der hebräischen Heiligen Schrift erklären. Doch noch etwas anderes hat sich dem Leser unbemerkt genähert. Diese acht hohen Maßstäbe finden ihren vollkommensten Ausdruck im Leben Jesu. Je länger die Liste wird, umso mehr muss der Leser nach und nach zu dieser Schlussfolgerung gelangen. In der neunten Seligpreisung geht es zum ersten Mal ausdrücklich um die Loyalität Jesus gegenüber. Diese Loyalität ist für jeden unumgänglich, der Jesu Vorbild für die hier beschriebene Art von Gerechtigkeit folgt.

Es ist auch möglich, dass Jesus seinen Jüngern Erklärungen zu anderen Seligpreisungen gab, die Matthäus aus Platzgründen nicht überliefert hat. Diese letzte Seligpreisung mit ihrer inneren Erweiterung könnte von Matthäus aufgeschrieben worden sein, weil seine Leser unter Verfolgung litten.

Die Bekehrung Kaiser Konstantins zum christlichen Glauben beendete offiziell „das Zeitalter der Märtyrer“. Doch im zwanzigsten Jahrhundert sind weit mehr Christen für ihren Glauben gestorben, als es aus den ersten Jahrhunderten bekannt ist. In Armenien, Russland, China und im Südsudan sind in unserer Zeit Millionen für ihre Treue zu Jesus Christus gestorben. Diese letzte Seligpreisung mit ihrer Erweiterung ist immer noch von großer Bedeutung für die weltweite Gemeinde.

Jesus war kein Europäer

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