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Gott: männliche und weibliche Bilder
ОглавлениеDie Bibel beschreibt Gott in männlichen und weiblichen Bildern. Einerseits erhält er den Titel „Vater“, ein männliches Bild. Gleichzeitig wird den Gläubigen gesagt, sie seien „aus Gott geboren“ (1Jo 3,9). Das Bild des Gebärens ist ein weibliches Bild. Beide Bilder werden in 5. Mose 32,18 zusammengeführt: „Den Felsen, der dich gezeugt, täuschtest du und vergaßest den Gott, der dich geboren.“
Wenn wir die biblischen Bilder ablehnen, in denen Gott als Vater gezeigt wird (weil es ein ausschließlich männliches Bild ist), müssen wir auch weibliche Bilder wie die „neue Geburt“ ablehnen (weil sie ausschließlich weiblich sind). Ich stehe auf „Mutter Erde“ und esse die Früchte von „Mutter Natur“ und diene der „Mutter Kirche“, der „Braut Christi“. Ich als Mann möchte nicht, dass diese Bilder verändert werden. Jesus beschrieb sich selbst als „Henne“, die „ihre Küken versammelt unter ihre Flügel“ und als Frau, die ihre verlorene Münze wiederfindet. Paulus verwendet das Bild der menschlichen Geburt, wenn er schreibt „Meine Kinder, um die ich abermals Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt gewonnen hat“ (Gal 4,19).
Außerdem ist der Teufel im Neuen Testament immer männlich, und wir stächen in ein ganz neues Wespennest, wenn wir versuchten, unsere Dämonologie in „gerechte Sprache“ zu übertragen. Wir können uns freuen, dass in der Bibel sowohl männliche als auch weibliche Bilder verwendet werden, um Gott zu beschreiben, der Geist ist und damit weder männlich noch weiblich. Doch Gottes Bild enthält sowohl das Männliche als auch das Weibliche, da Mann und Frau nach Gottes Bild erschaffen sind (1Mo 1,27). Wenn wir das eine oder das andere durch neutrale Begriffe ersetzen, schmälern wir damit den Reichtum der biblischen Vergleiche und Metaphern oder laufen Gefahr, sie ganz abzuschaffen.
Das Vaterunser unterstreicht, wie wichtig die Gemeinschaft ist, in der die Anrede „Vater“ verwendet wird. Wenn der Gläubige den Ausdruck „unser Vater“ verwendet, muss er auch seine Banknachbarn in der Kirche sowie Brüder und Schwestern in allen Ländern der Erde in den Blick nehmen. Nur in der Einheit der Familie Gottes wird Gott rechtmäßig mit „Vater“ angesprochen. Das bringt uns zum zweiten Teil dieser Formulierung.