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3.Theologische Einordnung

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Die Anwendung des Begriffes einer Literaturgeschichte auf die Bibel, der mutatis mutandis für die weiteren altorientalischen Literaturen ohne weiteres geläufig ist (vgl. Weber 1907; Hallo 1975; Röllig 1978; Edzard, Röllig, von Schuler 1987–1990; Knauf 1994, 221–225; Loprieno 1996; Burkard/Thissen 2003; Veldhuis 2003, 10; Quack 2005; Haas 2006, 16–17; Utzschneider 2006; Ehrlich 2009), verdankt sich einer bestimmten theologischen Grundüberzeugung, die in den Anfängen der historisch-kritischen Bibelwissenschaft in der frühen Neuzeit wurzelt: Die Bibel ist Literatur wie jede andere antike Literatur auch (Rogerson 2001), und deshalb ist sie auch entsprechend auszulegen – unter Verzicht auf eine besondere Sakralhermeneutik (vgl. Schmid 2019, 99–101). Das heißt: Der wirkungsgeschichtlich begründete Status der Bibel als Heiliger Schrift „schützt“ sie nicht vor dem kritischen Zugriff der Vernunft, vielmehr kann und muss sie sich diesem aussetzen – gerade aus theologischen Motiven heraus, nämlich wenn ihre Ausleger einen allgemeinen Wahrheitsanspruch mit ihr verbinden und nicht im Status von Sondergruppensemantikern verbleiben wollen. Mit der Deklaration, die Bibel sei Literatur, verbindet sich also kein antitheologischer Impetus: Es geht nicht darum, die Bibel von der Heiligen Schrift zur Literatur zu „degradieren“, vielmehr im Gegenteil darum, ihren Status als Heilige Schrift aus ihren Texten selbst zwar nicht zu begründen, aber doch an diese zurückzubinden (Schmid 1999a; Schmid 2019, 96–112).

Hinzu tritt die bereits erwähnte Selbstdarstellung des Alten Testaments als Literaturgeschichte, die exegetisch und theologisch eigens zu würdigen ist. Wohl am entschiedensten hat mit dieser Eigenart des Alten Testaments Gerhard von Rad Ernst gemacht, der die Überzeugung vertrat, dass die adäquateste Form einer Theologie des Alten Testaments diejenige ist, die ihr selbst über weite Strecken hin entspricht, nämlich diejenige der Nacherzählung (von Rad 1957, 126). Eine Literaturgeschichte des Alten Testaments kann die theologische Nacherzählung des Alten Testaments vor allem um den Aspekt der Klärung seiner innerbiblischen Diskussionen ergänzen. Gerade in einer forschungsgeschichtlichen Situation, die sich von Rad in vielem verpflichtet weiß (Schmid 2019, 39–42) – aber auch gerade in der Frage der grundsätzlich heilsgeschichtlichen Prägung des Alten Testaments über ihn hinaus gegangen ist –, stellt sich die Frage immer drängender, wie das Eigenkonzept der alttestamentlichen Texte aussieht und wie deren Pluralität im Alten Testament selbst strukturiert ist.

Literaturgeschichte des Alten Testaments

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