Читать книгу Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 101
3.3 Die Besitzkehr gegen eine Besitzentziehung
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Nach § 859 II darf der unmittelbare Besitzer eine bewegliche Sache, die ihm durch verbotene Eigenmacht weggenommen worden ist, dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen. Hier ist der Besitz durch verbotene Eigenmacht bereits entzogen (RN 56), die Tat aber noch taufrisch und die Beute noch nicht in Sicherheit.
Beispiel
Der Dieb fährt bereits auf meinem Fahrrad davon, es gelingt mir aber, ihm den Weg abzuschneiden und ihn vom Fahrrad zu ziehen. Auch wenn er mir erst einige Stunden nach der Tat über den Weg fährt, muss ich nicht zusehen, wie er sich aus dem Staube macht.
Eine noch engere zeitliche Grenze zieht § 859 III dem Grundstücksbesitzer, der seinen Besitz durch verbotene Eigenmacht verloren hat, denn er darf sich des verlorenen Besitzes nur sofort nach der Entziehung wieder bemächtigen, indem er den Täter gewaltsam von seinem Grundstück entfernt. „Sofort“ ist eine objektive und enge Zeitbestimmung und bedeutet: so schnell wie irgend möglich[70]. Wegen der strengen Zeitschranke des § 859 III muss man die Besitzentziehung sauber von der Besitzstörung abgrenzen.
Beispiel
- | Wer zu Werbezwecken eine Hauswand gemietet und nach der Verkehrsanschauung daran unmittelbaren Besitz erlangt hat, darf ein fremdes Werbeschild, das ohne seinen Willen dort angebracht wurde, zwar gewaltsam entfernen, muss dies nach § 859 III aber sofort tun, weil er damit nicht nur eine Besitzstörung abwehrt, sondern die Entziehung des Besitzes an einem Teil der Hauswand rückgängig macht (BGH NJW 67, 48). |
- | Das Gleiche gilt für das unbefugte Parken auf fremdem Grund und Boden, denn es entzieht dem unmittelbaren Grundstücksbesitzer einen Teil seines Besitzes (BGH NJW 2009, 2530: lässt es offen, weil § 859 III auf jeden Fall anwendbar sei). Erforderlich ist hier eine Besitzkehr durch Abschleppen oder Abschleppenlassen binnen weniger Stunden. Die Kosten des sofortigen Abschleppens darf der unmittelbare Besitzer dem Störer nach §§ 823 II, 683, 677, 670 in Rechnung stellen (BGH NJW 2009, 2530; 2012, 3781). |