Читать книгу Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 158
4.3 Formelle Voraussetzung der Enteignung
Оглавление100
Nach Art. 14 III GG ist die Enteignung ein rechtmäßiger hoheitlicher Eingriff in privates Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit und auf Grund eines Gesetzes, das auch Art und Maß der Entschädigung regelt. Nimmt man diese Verfassungsbestimmung beim Wort, gibt es nur eine rechtmäßige, keine rechtswidrige Enteignung. Rechtsmäßig aber ist eine Enteignung nur, wenn sie alle Voraussetzungen des Art. 14 III 1-3 GG erfüllt[24].
Nun darf der Gesetzgeber die Grenze zwischen Inhaltsbestimmung und Enteignung nicht selbst ziehen, das Eigentum nicht nach Belieben entschädigungslos verkürzen oder gar aushöhlen, sondern muss dem Eigentümer ein Minimum an Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit lassen, denn die Substanz des Eigentums ist nach Art. 14 I GG garantiert[25]. In diesen harten Kern des Eigentums darf der Gesetzgeber nur unter den strengen materiellen und formellen Voraussetzungen des Art. 14 III GG eingreifen. Nur die verfassungsrechtlich zulässige Enteignung ersetzt die Bestandsgarantie des Art. 14 I GG durch die Wertersatzgarantie des Art. 14 III GG[26].
Wenn aber schon die rechtmäßige Enteignung zu entschädigen ist, muss dann nicht erst recht der rechtswidrige hoheitliche Eingriff in privates Eigentum entschädigt werden, wenn er den Eigentümer genauso schwer trifft wie eine Enteignung? Der BGH hat die Frage bejaht und dafür den „enteignungsgleichen Eingriff“ erfunden[27].
101
Nach Meinung des BVerfG hingegen ist nur die verfassungsrechtlich zulässige Enteignung zu entschädigen, während es gegen rechtswidrige Eingriffe in privates Eigentum keine Anspruchsgrundlage für eine Entschädigung gibt[28]. Der Eigentümer muss den rechtswidrigen Eingriff mit der Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht bekämpfen. Der verwaltungsgerichtliche Primärschutz nach § 42 VwGO geht dem Entschädigungsverlangen des Eigentümers vor[29].
Die Enteignungsentschädigung ist kein Schadensersatz, sondern ein Wertausgleich[30]. Zu ersetzen ist der gemeine Wert des enteigneten Grundstücks oder sonstigen Rechts[31].