Читать книгу Mysterium fidei - Lothar Lies - Страница 29
d) Alexander Gerken
ОглавлениеIn seinem neuesten Büchlein129 arbeitet Gerken Jesus als den Konstruktionspunkt einer neuen Gemeinschaft und als Ausdruck des sich trotz dessen Todes durchhaltenden Versöhnungswillens Gottes heraus. Deshalb ist die Eucharistie Gedächtnis der Lebenshingabe Jesu, nicht nur des Abendmahles, sondern des gesamten Christusereignisses. Über dieses Gedächtnis tritt Christus in unsere Gegenwart ein und verdichtet seine Gegenwart in der Eucharistie. So bleibt die Versöhnung Gottes über den Tod Christi hinaus uns angeboten. Denn Christus ist nun als der Verherrlichte anwesend und will uns mit seinem vergangenen Leben, seinem Tod als der Hingabe an Gott und an die Menschen verbinden. Insofern ist Eucharistie Gegenwart des Opfers Christi und zugleich unser opferhaftes Einbezogenwerden in das Opfer Christi. Das wesentliche Moment dabei ist die Gegenwart Christi. Aus ihr entspringt die eigentliche »Struktur«130 der Eucharistie: »Gemeinschaft mit Jesus haben heißt: in die Bewegung zum Vater hineingenommen zu sein, unterwegs zu sein zur Gemeinschaft mit dem Vater. Wenn dies die umfassende Struktur des letzten Mahles war, so ist es auch die umfassende Struktur der Eucharistiefeier. Die frühe Kirche hat dies gewußt und eben deshalb hat sie der Abendmahlshandlung den Namen – ›Eucharistie = Danksagung‹ gegeben. Wie Jesus seine Gabe an die Jünger, das Brot und den Wein und damit seine Selbstgabe, eingebettet hat in den Dank an den Vater, so hat die Kirche die Brot- und Kelchhandlung eingebettet in einen liturgischen Rahmen, dessen Hauptinhalt der Dank an den Vater ist … Dieser Dank besteht im tiefsten darin, daß wir anerkennen, wie groß die Gabe Gottes ist. Wir können Gott ja nicht dadurch danken, daß wir ihm etwas geben, was er nötig hätte. Er ist schon das grenzenlose Leben. Alles, was der Mensch hat, ist schon Gabe Gottes, gehört Gott schon in seiner Wurzel. Der Dank des Menschen kann daher im tiefsten nur in der Bestätigung dieses Verhältnisses, in der Anerkennung der Tatsache bestehen, daß alles, was er ist und besitzt, Gabe Gottes ist. Darum besteht der Dank des Menschen letztlich wieder im Empfangen, im anerkennenden und dankbaren Empfangen der immer größeren Wohltaten Gottes.«131 Diese Struktur verwirklichen die eucharistischen Hochgebete. Insofern unser ganzes menschliches Leben von diesen Hochgebeten umfaßt wird und mit Christus verbunden ist, nimmt unser Leben an der eucharistischen Struktur der sakramentalen Eucharistiefeier teil und ist Christi Darstellung in der Welt132. Wir werden im Essen des Brotes als Leib Christi zu seinem Leib133, der um Christus als Mitte zentriert ist. Die Eucharistiefeier kann deshalb nicht zu einem »bloßen Gottesdienst«134 nivelliert werden. Sie muß sich im Alltag fortsetzen. Sie ist Sammlung und Sendung: »Gerade weil sie die Christen um einen Punkt, um Jesus Christus, den für uns Hingegebenen sammelt, sendet sie sie auch zu allen Menschen aus, weil Jesus für alle gestorben ist … Erst dann, wenn ›Gott alles in allen‹ ist, hat die Eucharistie als Sammlung und Sendung ihre Funktion erfüllt. Denn erst dann ist die Schöpfung selbst Eucharistie geworden, erst dann ist sie selbst der große Dank- und Lobhymnus an den Vater.«135 Dabei faßt die Eucharistiefeier zugleich die »Sehnsucht Jesu nach dem Reich des Vaters zusammen und ist daher sein Vermächtnis, sein Testament. Sie will auch uns einschwingen lassen in die Sehnsucht Jesu, will uns auf den Weg stellen, auf dem er uns vorangegangen ist.«136 Daher ist sie Wegzehrung, in der Christus kommt, bis er wiederkommt137.
Bei Gerken ist die christologische Konzentration und die Frage nach der Grundgestalt der Messe, die er in dem Begriff Eucharistie ausgedrückt findet, sehr schön und leicht verständlich gezeigt. Wenn es ihm auch gelingt, christologische Konzentration und Eucharistie besonders im Hinblick auf die feiernden Menschen zu verbinden, so bleibt unseres Erachtens doch gerade die Frage nach einer Sinngestalt der Eucharistie, die nicht in ihrer anabatischen Dimension überlastig ist, wie der Begriff Eucharistie dies zunächst sagt. Müssen doch die anderen Aspekte wie Gnadengeschenk, Gedächtnis, Gegenwart erst als Voraussetzungen der Eucharistie aufgezeigt werden. Natürlich sagt Eucharistie implizit auch Gedächtnis eines Geschenkes und so auch das Geschenk selbst. Hier liegt die Leistung Gerkens; aber sie ist nicht neu, sondern drückt mit anderen Worten aus, was J. A. Jungmann schon vertrat138. Wir fragen also weiter, ob es einen Begriff gibt, der alle drei Aspekte (Gnadengeschenk; Gedächtnis und damit Gegenwart; Opfer) ausdrücklich macht und in einer Sinngestalt verbindet. Wir fragen: Gibt es eine theologische Vorstellung, die sowohl die Person Christi mit ihrem Heilswerk einfängt, als auch das gesamte Abendmahlsgeschehen und in Folge dessen auch die theologischen Elemente der Eucharistiefeier?