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Cumaná war die erste Stadt der Neuen Welt, die sie zu Gesicht bekamen. Ihre Lage am Golf von Cariaco, umgeben von Bergen und durch eine Festung geschützt, hatte in Europa nicht ihresgleichen.

Cumaná war entsprechend dem Geschmack und den Wünschen der Reichen gebaut worden; es hatte gewundene Gassen und mit einem grünen Schleim bedeckte Ziegeldächer.

Aimé Bonpland und Humboldt ließen sich dort nieder. Sie ließen einen Führer kommen. Humboldt mietete ein Haus mit Blick auf das Meer. Weiter zurück lag der erschütternde Sklavenmarkt.

Sie zogen Tag für Tag aus, um zu botanisieren. Nachts beschäftigten sie sich damit, die Pflanzen zu pressen, am nächsten Morgen musste man sie in die Sonne legen, damit sie schneller trockneten, um sie dann auf Papierbögen kleben und klassifizieren.

Sie trugen prächtige Orchideen am Revers.

Wegen der Hitze entledigten sie sich schon bald der Jacken. Sie zogen die Westen aus. Sie legten die Krawatten ab. Sie falteten den Kragen ihres Hemdes nach unten und krempelten die Ärmel hoch. Sie ließen sich Hemden aus weißem Leinen nähen. Sie tauschten ihre schwarzen Filzhüte gegen solche aus hellem Stroh aus, deren durchscheinende Krempen ihr Gesicht in einem vagen Halbdunkel ließen.

Die Haut von Aimé Bonpland wurde dunkler, die von Humboldt dagegen rot, als ob er vor Scham errötete.

Humboldt zeichnete den Luftdruck, die Temperatur, die Feuchtigkeit und die Flora auf. Er stellte die genaue geographische Lage der Stadt nach Länge und Breite fest. Die Karten waren unkorrekt.

Sie lernten den Puma kennen und die Klapperschlange sowie Hunderte von Pflanzen. Sie krochen in Höhlen hinein, wo ihnen Fettschwalme begegneten, jene großen Vögel mit ihrem schauerlichen Schrei. Sie hörten die Klagelaute der Brüllaffen.

Sie erstiegen Berge von großer Höhe, und je höher sie kamen, desto ähnlicher wurde die Vegetation jener Europas.

„Das ist logisch“, sagte Humboldt. „Hier oben ist es kalt.“

Sie drangen in den nahen Urwald ein.

Eine Gruppe lärmender Kreolen, Schwarzer und Indianer folgte ihnen.

Aimé Bonpland zeigte ihnen die Blumen, die sie schon von Kindesbeinen an kannten. Aber in den Händen von Aimé Bonpland und in seinem Munde bekamen sie neue Namen. Sie gewannen metaphysische Dimensionen.

Die Jüngsten unter ihnen liefen, um die Blüten von Kakteen, Orchideen, Glyzinien mit der Farbe von Kardinalsstrümpfen, Bambus, Begonien, Passionsblumen, Farnen und den seltsamen Chinarindenbäumen sammeln.

Sie zeigten Aimé Bonpland diese Flora, wie Kinder den Älteren die von ihnen gemalten Bilder bringen.

Es machte ihnen Freude, die neuen Namen der altbekannten Pflanzen zu hören.

Sie bestaunten den Klang der Wörter, die Aimé Bonpland für sie hatte. Und sie kniffen die Augen vor Anstrengung zusammen, wenn sie diese hörten.

Gestalt im Schatten

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