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Die Staatsanwaltschaft schwieg, und auch Kripochef Karl Geiger hatte einen Maulkorb verpasst bekommen. Außerdem gab’s von der Stuttgarter Pressestelle weiterhin nur spärliche Informationen. Zum Leidwesen von Sander und Grüninger. Denn für die Journalisten war es völlig unbefriedigend, beim größten Bankraub weit und breit nicht auf dem Laufenden gehalten zu werden. Gab es tatsächlich etwas zu vertuschen, wie Volkes Meinung befürchten ließ? »Ich versteh das nicht«, grummelte Grüninger nach einigen Tagen. »Die machen doch mit ihrer Geheimnistuerei alles viel schlimmer.«

Sander, der zu Grüninger ins Büro gekommen war und am lilafarbenen Verpackungspapier sah, dass der Vize-Redaktionschef heute schon wieder eine ganze Tafel Vollmilchschokolade verschlungen hatte, stimmte ihm zu: »Entweder, die tappen wirklich total im Dunkeln, oder da haben ein paar Herrschaften Dreck am Stecken, die man nicht anschwärzen möchte.« Ihn plagten ohnehin einige kritische Anrufe, in denen behauptet worden war, die Berichte über den Ablauf des Überfalls seien falsch. »Wenn man nicht offen und wahrheitsgetreu ist, kommen halt viele Spekulationen auf«, meinte er mit einem Seitenhieb auf die Pressearbeit von Polizei und Justiz.

»Umso unverständlicher ist es, dass die Staatsanwaltschaft nichts gegen die Gerüchte unternimmt. Mir tut der Seifritz richtig leid«, meinte Grüninger und umfasste den rechten Rahmen seiner dickglasigen Brille, wie er dies immer tat, wenn er scharf nachdachte.

»Und wenn der …«, wagte Sander einzuwerfen, aber Grüninger wehrte ab: »Fangen nicht auch Sie noch damit an, Herr Sander. Oder glauben Sie im Ernst, ein Bankdirektor würde so eine Story erfinden, dazu noch die eigene Tochter kidnappen lassen? Ich bitte Sie, vergessen Sie das ganz schnell.«

Sander nickte. Der Fall hatte seine ohnehin lebhafte Fantasie zum Blühen gebracht. Aber schließlich durfte man doch alles denken. Nur halt nicht schreiben.

»Ich hab da was erfahren«, fuhr Grüninger fort, dessen Drähte zu jeglicher Art von Institutionen schon legendär waren, was daran lag, dass er vertrauliche Informanten niemals preisgab. Nicht einmal innerhalb der Redaktion. Wenn Grüninger jemandem etwas versprach, dann hatte dies Gültigkeit. Ein Mann, ein Wort.

Sander trat näher an den sitzenden Grüninger heran, der seine antiquierte Schreibmaschine beiseiteschob, auf der er mit unvorstellbarem Tempo im Zweifinger-System seine Artikel in die Tasten hauen konnte. Von der neuen Computertechnologie hielt er nicht viel.

Er sortierte einige Schmierblätter, die aus den Rückseiten alter Pressemitteilungen bestanden, und war sichtlich bemüht, durch seine dicken Brillengläser die eigene ziemlich verschnörkelte Handschrift zu entziffern. »Es ist wohl so gewesen, dass das Geld tatsächlich in zwei Chargen von der Landeszentralbank geholt wurde. Die erste mit 700.000 D-Mark war die routinemäßige. Jeden Vormittag wird Geld geholt, wobei sich die Höhe des Betrags am zu erwarteten Geschäftsbetrieb orientiert«, dozierte Grüninger, was ihm ein Informant vertraulich geflüstert hatte. »Die Täter wollten ursprünglich fünf Millionen, was aber, wie wir wissen, Seifritz heruntergehandelt hat. Dazu mussten die Geldboten allerdings ein zweites Mal zur LZB geschickt werden.« Grüninger nahm ein weiteres Blatt zur Hand. »Zur Frage, ob auch Geld aus dem Sparkassentresor genommen wurde, hat es wohl einige Irritationen gegeben. Warum man das so geheimnisvoll behandelt hat, ist mir inzwischen klar. Während der Kassierer – es ist dieser Rilke – die ersten 700.000 Mark für die Täter in eine Tasche verpackt hat, ist ein Kassenangestellter aufgetaucht, der 30.000 Mark wollte. Um den schnell wieder loszuwerden, hat Lackner diese Summe kurzerhand aus der Tasche genommen, die für die Täter bereitstand. Und damit es letztlich wieder 700.000 waren, hat er anschließend 30.000 aus dem Tresorbestand herausgenommen und in die Transporttasche gesteckt.«

»Und warum hat man daraus ein Geheimnis gemacht?«, wunderte sich Sander.

»Ganz einfach«, sah ihn Grüninger triumphierend an. »Die 30.000 aus dem Tresor waren sogenanntes Fanggeld, das Lackner den Tätern geistesgegenwärtig unterjubeln konnte.«

»Fanggeld?«

»Ja. Scheine, deren Nummern registriert sind. Hat jeder Kassierer unauffällig bei sich liegen«, wusste Grüninger zu berichten.

»Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Geld irgendwo auftaucht und man Rückschlüsse auf den Besitzer ziehen kann«, meinte Sander.

»Ganz so einfach wird das nicht sein. Wenn die Scheine irgendwo im Ausland eingetauscht werden, wird das nicht sofort auffallen. Vielleicht bleibt die Beute auch eine Zeit lang in einem Versteck.«

Sander grinste: »Was macht das für einen Sinn, wenn man Millionär geworden ist und das Geld unters Kopfkissen legen muss?«

Grüninger blieb ernst. »Es macht zumindest den Sinn, nicht plötzlich als reich in Erscheinung zu treten und aufzufallen. Sie würden sich doch auch wundern, wenn ich mir in den nächsten Tagen einen teuren Porsche zulegen würde.«

Sander grinste in sich hinein. Das würde ihn tatsächlich wundern. Aber gleich aus zweierlei Gründen: weil Grüninger, der als äußerst sparsam und genügsam galt, wohl ausgeflippt sein müsste, wenn er mit einer solchen Nobelkarosse daherkäme. Und weil er außerdem ein eingefleischter Nutzer des Öffentlichen Personennahverkehrs war.

Die Gentlemen-Gangster

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