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Die Zeit heilt Wunden und lässt vieles in Vergessenheit geraten. Insbesondere dann, wenn ständig Neues auf einen hereinstürzt. Daran musste Sander nach dem ausführlichen Bericht denken, den Grüninger über das Gespräch mit dem Soko-Leiter verfasst hatte. Die Zeit war schnelllebig geworden. Und Journalisten waren dazu da, stets neue Themen aufzuspüren, die das Aktuelle von gestern Makulatur werden ließen. Die Gerüchte zum Bankraub hielten sich hartnäckig, doch machte sich in der Bevölkerung bereits eine gewisse Resignation breit – nach dem Motto: Das wird nie geklärt.

Mehr als ein Vierteljahr nach der Geiselnahme gab es Ende Juni 1982 eine Meldung, die in der Redaktion wie eine Bombe einschlug: Das Fluchtfahrzeug der Räuber war entdeckt worden: in einem Parkhaus der rund 20 Kilometer entfernten Stadt Schwäbisch Gmünd im Remstal. Sander hatte den Tipp überraschenderweise von Jürgen Holder, dem örtlichen Pressesprecher der Polizei, erhalten, der sich damit offenbar für die restriktive Informationspolitik in den Tagen nach dem Verbrechen revanchieren wollte. Dass es sich bei dem aufgefundenen Auto um das Fluchtfahrzeug handeln musste, daran bestand kein Zweifel. Denn im Fahrzeug, einem silberfarbenen Audi 100, lagen Utensilien, die eindeutig den Tätern zuzuordnen waren: neben der Geldtasche der Göppinger Kreissparkasse auch jener grüne Anorak, mit dem einer der Gangster den Anschein erweckt hatte, ein Polizist zu sein. Außerdem datierte der Einfahrtschein ins Parkhaus vom Montag, 9. März 1982, Uhrzeit: 9.30 Uhr.

»Volltreffer«, hatte Hartmut Zeller im fernen Stuttgart gejubelt und die Nachricht sofort seinem Dezernats-Stellvertreter Häberle mitgeteilt, einem 33-jährigen Kriminalisten, dem man hausintern nachsagte, dies mit Leib und Seele zu sein. »Die erste konkrete Spur«, meinte Zeller.

Doch der etwa gleichaltrige Häberle, der als scharfer Denker galt und in sich zu ruhen schien, dämpfte die Euphorie seines Kollegen: »Wenn sich in dem Fahrzeug keine weiteren Spuren finden, sind wir so weit wie vorher.«

»Aber wir wissen nun, dass die Täter gleich nach Schwäbisch Gmünd gefahren sind«, blieb Zeller hartnäckig. »Genauso, wie es Walser von Anfang an vermutet hatte.«

»Okay – und dann? Hast du schon gecheckt, auf wen das Auto zugelassen ist?«

»Ja, klar doch. Der Audi wurde wenige Tage vor der Tat in Kornwestheim geklaut. Auf das jetzt angebrachte Ludwigsburger Kennzeichen ist ein Motorrad angemeldet. Die richtigen Schilder lagen im Kofferraum.« Rätselhaft blieb, wie das Auto hatte gestohlen werden können. »Das sieht nach Profis aus«, meinte Zeller.

»Und wem ist das Auto nach fast vier Monaten in dem Parkhaus aufgefallen?«, informierte sich Häberle.

»Dem Sohn der Betriebsleiterin, weil er die 320 Stellplätze hin und wieder kontrolliert. Beim Vergleich mit den Kennzeichen der Dauerparker hat er festgestellt, dass dieser Wagen nicht registriert ist. Weil grundsätzlich jeden Abend die Nachtparker in eine Liste eingetragen werden, kann man nachvollziehen, dass der Audi mindestens seit 11. März dort stand.«

»Was heißt mindestens?«

»Die Liste für die Tage zuvor ist nicht auffindbar, aber der Parkschein trägt das Datum 9. März.«

»Ach«, machte Häberle, als habe er Zweifel an dieser Darstellung.

Die Gentlemen-Gangster

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