Читать книгу Die Gentlemen-Gangster - Manfred Bomm - Страница 41
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ОглавлениеSander fühlte sich von allen Seiten gestresst: unzählige Anrufe von Kollegen aus der halben Republik. Die Boulevardpresse lechzte nach Fotos von dem Haus, in dem sich das Familiendrama abgespielt hatte. Einige ganz forsche Journalisten fragten, ob es denn Bilder von den erschossenen Kindern gebe. Als ob diese irgendwann schon einmal auf einem Gruppenfoto veröffentlicht worden wären. Auch Grüninger schüttelte über derlei Ansinnen den Kopf. Er hatte in der Nachkriegszeit die Zeitung in Göppingen mit aufgebaut und war nie mit der großen Welt der Boulevardpresse direkt konfrontiert worden. In dieser waren die Sitten rau und der Kampf um die beste Story täglich im Gange. Oftmals wurden vergleichsweise hohe Honorare für ein Foto gezahlt, wenn es Täter, Opfer oder sonst eine interessante Person zeigte. Allerdings scheiterten derlei Geschäfte dann meist an den begrenzten schnellen Übermittlungsmöglichkeiten. Ein Foto zu faxen, war natürlich angesichts der schlechten Qualität sinnlos. Und andere Techniken zur Bildübertragung standen der Lokalredaktion nicht zur Verfügung. Abhilfe konnte da allenfalls ein Express-Päckchen per Eisenbahn schaffen: die entwickelten Bilder in einen kleinen Karton gepackt und am Bahnhof aufgegeben. Sofern der Zielort am gleichen Tag erreicht wurde, konnte der Empfänger dort das Päckchen persönlich abholen – und das Foto war noch rechtzeitig genug in der Redaktion, um am nächsten Tag in der Zeitung zu erscheinen.
Der Lokalteil des Heimatblattes erinnerte an diesen Märztagen 1983 ein bisschen an die Boulevardblätter: Kriminelles in jeder Ausgabe. Der Rückblick auf den Banküberfall, das Familiendrama – und an den Folgetagen jeweils Ergänzungsartikel.
Grüninger, der bei seinen frühmorgendlichen Fahrten im überfüllten Linienbus das Ohr buchstäblich am Pulsschlag der Bevölkerung hatte, wurde von Tag zu Tag nervöser. »Glauben Sie denn auch, dass die Sache mit dem Hausmeister mit Seifritz zu tun hat?«, fragte er, nachdem auch Sander bereits kurz nach 8 Uhr in der Redaktion erschienen war.
Der zuckte mit den Schultern. »Schwierig zu sagen. Wir sollten aber dringend mal zu den Gerüchten etwas schreiben.«
Grüninger wollte das Thema in einer der folgenden Redaktionskonferenzen ansprechen und die Meinung der übrigen Kollegen dazu hören.
Noch bevor es dazu kam, ereilte die Redaktion eine neuerliche Schockmeldung. Gerade mal zwei Tage nach dem Familiendrama.