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c) Religionsfreiheit (Art. 4 GG)
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Ausdruck der verfassungsrechtlich verbürgten Religionsfreiheit (Art. 4 GG) ist zunächst das in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO normierte Zeugnisverweigerungsrecht der Geistlichen, das sich auf alles erstreckt, was diesen „in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist“. Das BVerfG betont, dass der Schutz der Beichte oder der Gespräche mit Beichtcharakter zum verfassungsrechtlichen Menschenwürdegehalt der Religionsausübung i.S.d. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gehört.[83] In einer Kammerentscheidung hat das Gericht – das seit jeher den Ausnahmecharakter strafprozessualer Zeugnisverweigerungsrechte hervorhebt[84] – es für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt, dass die Fachgerichte einen Gefängnisseelsorger, der zwar keine Priesterweihe erhalten, seine Tätigkeit jedoch aufgrund einer hauptamtlichen Beauftragung durch die Kirche nach den durch das kirchliche Dienstrecht vorgesehenen Voraussetzungen ausgeübt hatte, als Geistlichen i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO angesehen hatten.[85] Die Kammer billigte allerdings auch die von den Fachgerichten vorgenommene Unterscheidung zwischen seelsorgerischen und nichtseelsorgerischen Gesprächen, die im konkreten Fall dazu führte, dass die Anwendbarkeit des § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO auf den Austausch über das Recherchieren von Versicherungsadressen zu verneinen war.[86] Eine weitere Entscheidung des BVerfG betraf die Hinnahme gegen die Ableistung des Zeugeneides gerichteter Glaubensentscheidungen.[87]
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Bedeutung kann der Religionsfreiheit darüber hinaus beispielsweise im Vollzug von Untersuchungshaft zukommen, wenn sich Untersuchungsgefangene auf Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft berufen. Die Untersuchungshaftvollzugsgesetze der meisten Länder sehen vor, dass die Anstalten den Gefangenen die Befolgung solcher Vorschriften zu ermöglichen haben (vgl. etwa § 12 S. 4 UVollzG NRW: „ist zu ermöglichen“); zur Bereithaltung eines entsprechenden Speiseangebotes sind sie hingegen nach h.M. nicht verpflichtet.[88] Bloße Soll-Vorschriften, wie sie § 11 Abs. 1 S. 2 JVollzGB II BW und § 18 Abs. 1 S. 3 SächsUHaftVollzG enthalten, erscheinen aus verfassungsrechtlicher Perspektive bedenklich. Gleiches gilt für den sich an eine rechtskräftige Verurteilung anschließenden Vollzug der Freiheitsstrafe.[89]