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II. Gleichheitssatz und Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG)

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Das BVerfG entnimmt dem in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten allgemeinen Gleichheitssatz ein Willkürverbot, das in der älteren Rechtsprechung des Gerichts auf die Formel gebracht wurde, es dürfe „weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich, noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich“ behandelt werden.[191] Nach der im Jahr 1980 durch den Ersten Senat begründeten sog. „neuen Formel“ ist Art. 3 Abs. 1 GG hingegen „vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können“.[192] In diesem Zusammenhang wird weiter hervorgehoben, dass der Gleichheitssatz sich nicht im Verbot ungerechtfertigter Ungleichbehandlungen von Normadressaten erschöpft, sondern auch ein allgemeines Willkürverbot als fundamentales Rechtsprinzip enthält, dessen Grenzen dann überschritten sind, „wenn eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch die Gerichte bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht“.[193]

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Die Hürden für die Annahme, dass eine strafgerichtliche Entscheidung gegen das allgemeine Willkürverbot verstößt, sind damit hoch gesetzt. Zwar wird die verfassungsrechtliche Prüfung anhand objektiver Kriterien durchgeführt, und ein schuldhaftes Verhalten des Richters wird nicht vorausgesetzt. Hat das Gericht sich jedoch mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt und entbehrt seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes, so ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Dies ist erst der Fall, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird.[194] Nach Ansicht des BVerfG erfüllt daher etwa die Auslegung des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO durch den BGH, die äußerst strenge Anforderungen an die Begründung revisionsrechtlicher Verfahrensrügen nach sich zieht, nicht die vorstehend skizzierten Anforderungen für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG.[195] Eine „krasse Missdeutung“ des Norminhalts im vorerwähnten Sinn hat das BVerfG hingegen beispielsweise in einer Auslegung der §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 2 StrRehaG durch die Fachgerichte gesehen, durch welche dem von einer zwangsweisen Heimunterbringung in der ehemaligen DDR Betroffenen eine Rehabilitierung verweigert wurde.[196] Weitere Entscheidungen des Gerichts mit strafprozessualem Einschlag betrafen die Revisionsverwerfung durch Beschluss gem. § 349 Abs. 2 StPO ohne Antrag der Staatsanwaltschaft,[197] die Versagung der Einsicht in den bei den Strafakten befindlichen Strafregisterauszug[198] sowie das Unterbleiben einer „Negativmitteilung“ i.S.d. § 243 Abs. 4 S. 1 StPO;[199] im Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. StVollzG hat das BVerfG eine Verletzung des Willkürverbotes aus Art. 3 Abs. 1 GG in der Verneinung einer rechtsmittelfähigen Beschwer in einem Fall gesehen, in dem die Strafvollstreckungskammer auf einen Verpflichtungsantrag lediglich eine Neubescheidung des Antragstellers angeordnet hatte.[200]

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