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Dani erwies sich als aufmerksame Zuhörerin und sie wurden nicht einmal von anderen Kunden unterbrochen. Bei diesem Wetter schienen alle gemütlich zu Hause zu bleiben, nachdem sie in den vergangenen Tagen das Spätsommer-Gefühl genossen hatten. Tania nahm vorsichtig einen ersten Schluck, sie schmeckte Ingwer und einen leichten Hauch Zitronengras.

Tania berichtete von dem Gefühl, dass sie jemand beobachtete, als sie das Fahrrad vorhin ins Auto geladen hatte.

Aber Dani sah es genau wie sie selbst: »Das sind die Nerven, die spielen dir nach solch einem Erlebnis einen Streich. Wann kommt denn dein Freund endlich wieder? Du brauchst jemanden, der dich auf andere Gedanken bringt.«

»Dem habe ich bisher nichts erzählt, er wird erst in einigen Wochen wiederkommen.« Tania fielen die Aufzeichnungen im Jutebeutel ein, die sollte sie sich in den nächsten Tagen von der Polizei abholen. Sie konnte sich beim besten Willen nicht an den Namen des jungen, altbacken und bieder wirkenden Beamten erinnern, aber vielleicht wusste Hassan ihn noch. Dessen Telefonnummer hatte sie am Abend in ihre Handy-Kontakte aufgenommen, eine gute Tat, wie sie jetzt feststellte.

»Das Klapprad, das mir vorhin so gute Dienste geleistet hat, hat mir übrigens mein Freund und Imker geschenkt.« Erzählte sie das jetzt, damit Dani besser über Jakob dachte, wo er schon im richtigen Moment nicht persönlich anwesend war?

»Solche Klappräder kenne ich, ich hatte auch mal eins, als ich noch in Düsseldorf gewohnt habe. Irgendwann habe ich es nachts vor dem Haus gelassen und am nächsten Morgen war es weg.«

»Du kommst nicht von hier?«

»Nein, und bald gehe ich nach Berlin, meine Tochter wohnt dort. Mein erstes Enkelkind kommt in wenigen Wochen.« Danis Gesicht nahm harte, strenge Züge an, die nicht so recht zu diesem schönen Thema passen wollten. Dann erhob sich die Öko-Verkäuferin abrupt, lächelte und meinte: »Als mein Fahrrad weg war, habe ich mich nach einem neuen umgesehen und habe was viel besseres gefunden. Komm doch mit nach hinten durch, hinter dem Haus steht mein fahrbarer, umweltfreundlicher Untersatz. Damit erledige ich die meisten Fahrten fürs Geschäft.«

Interessiert folgte Tania ihr durch den hinteren Raum, der im Grunde nichts anderes als eine kleine Wohnküche war. Alles eher provisorisch und rustikal, mit losen Regalbrettern auf Metallhalterungen. Er schien auch als Büro genutzt zu werden, es stand ein aufgeklappter Laptop auf dem Küchentisch, Rechnungen hingen ordentlich nebeneinander an einer Pinnwand und ein großer Wandkalender mit ein paar Eintragungen hing neben der Hintertür, die in den alten, verwahrlosten Garten führte.

»Hier, das ist mein ganzer Stolz - zumindest so lange, bis mein Enkelkind kommt- es wird übrigens ein Mädchen.« Bei diesen Worten strahlte Dani jetzt doch. »Was lange währt, wird endlich gut.«

Sie führte Tania über einige gebrochene, uneben gewordene Steinplatten hinweg hinter das Haus und wies zu einem neuen Carport, der seitlich an das Haus angebaut war. Unter dem Dach standen ein neu aussehender Motorroller und ein passender Anhänger.

»Das ist ein Elektroroller. Der verpestet nicht die Luft, und der Strom kommt von den Solarzellen auf dem Dach.« Sie wies stolz auf einige grauschwarze Platten auf dem Dach des kleinen Geschäftshauses. »Wenn genug Sonne scheint, brauche ich nicht mal Strom aus der Steckdose.« Sie blickte ein wenig wehmütig in das Grün, das im alten Garten ineinander wucherte, Brombeersträucher waren mit Efeu verschlungen und überwucherten kräftige Johannis- und Stachelbeersträucher.

»Es wird nicht mehr lange dauern, dann hat der Besitzer einen Käufer gefunden, der hier einen Koloss von Mehrfamilienhaus hinsetzt. Das kennt man ja schon von anderen Grundstücken in dieser Straße.

»Aber dieser Motorroller wäre was für Jakob, das kann ich ihm nachher erzählen, wenn ich ihn anrufe.« In Gedanken rechnete Tania nach und stellte fest, dass die vierundzwanzig Stunden Nachrichtensperre fast geschafft waren.

»Und denk an den Honig, den will ich gerne ins Sortiment aufnehmen.«

»Gerne, ich bringe in den nächsten Tagen ein paar Probegläser vorbei.«

Tania blickte zur Uhr und erschrak, wenn sie sich jetzt nicht beeilte, kam sie wieder zu spät zur Arbeit.

»Du kannst hier an der Seite neben dem Motorroller entlanggehen, ich schließe die Tür zur Straße auf.«

Als Tania wieder im Wagen saß, fühlte sie sich erleichtert, ganz so, als ob sie eine große Last bei Dani abgeladen hatte. Die Erkenntnis, dass sie sich bei ihr gut aufgehoben fühlte, obwohl sie sie erst am Vortag etwas näher kennen gelernt hatte, verursachte trotzdem ein komisches Gefühl in der Magengegend. Aber so war es wohl einfach, wenn die Chemie auf Anhieb stimmte. Diese Frau hatte etwas mütterlich Beschützendes. Mit Hassan verhielt es sich auf einer anderen Ebene ähnlich, sie hatten beide locker geplaudert, während sie mit Föhn und Bügeleisen seine Dienstkleidung wieder einigermaßen in Form gebracht hatten. Sie musste ihn nachher unbedingt anrufen und auf einen Kaffee in die Baguetterie einladen, das hatte er sich verdient. Ihr fiel in diesem Zusammenhang der Mann ein, der sich ungewollt seinen Kaffee versalzen hatte. In dessen Blick zum Abschied schwang etwas besonderes mit, das bildete sie sich nicht ein. Sie kaute grübelnd auf ihrer Unterlippe herum.

Nein, wahrscheinlich kam ihr das alles nur so vor, weil sie sich gerade ein wenig von Jakob löste und unbewusst neue Kontakte suchte. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf und fuhr endlich los.

Schattenfrucht

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