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XVII

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Das Wochenende verbrachte er also mit Athina, die ihn zu all den Orten führte, die Marcus ihrer Überzeugung nach noch nie zuvor gesehen hatte. Das Treffen mit Adrian Louis war für Montag in Brooklyn anberaumt. Für Athina war das gemeinsame Wochenende mit Marcus besonders aufregend, aber die Zeit ging schnell vorbei. Als der Montag gekommen war, bestand Athina darauf, Marcus zu fahren, doch er lehnte entschieden ab und nahm stattdessen eines der gelben Taxis, die jeder aus Filmen kennt. Er setzte sich in den Wagen und erklärte dem Fahrer, wohin er ihn bringen sollte. Während der Fahrt fiel ihm ein, dass er irgendwo gelesen hatte, dass ein Mann im Jahre 1902 ein Taxiunternehmen mit dem Namen »Yellow Cab« gegründet hatte, weil er in einer wissenschaftlichen Abhandlung gelesen hatte, die Farbe Gelb würde man von allen Farben am ehesten wahrnehmen. Marcus mochte es, wenn sich alte Dinge bewährten, und war deshalb froh darüber, dass man die Farbe der berühmten Taxis nicht verändert hatte. Während er sich mit diesem Gedanken länger als nötig befasste und über die Brooklyn Bridge gefahren wurde, sah er plötzlich die weiße Frau am Geländer stehen.

»Halt! Halten Sie an!«, rief er dem Taxifahrer auf Englisch zu.

»Was haben Sie denn? Ich kann doch hier nicht einfach stehen bleiben«, erwiderte der Taxifahrer beunruhigt.

»Das Mädchen will von der Brücke springen!«, schrie Marcus.

»Sind Sie verrückt? Hier gibt es kein Mädchen!«, entgegnete der Fahrer mit erhobener Stimme.

Es war wirklich kein Mädchen zu sehen. Marcus blickte den Taxifahrer einen Moment an, dann schaute er wieder auf die Stelle, wo das Mädchen gestanden hatte. Er sah niemanden. Allmählich fing er an, an seinem Verstand zu zweifeln. Trotzdem fragte er den Fahrer, ob dieser nicht doch irgendetwas gesehen hatte.

»Nein, Sir, da stand kein Mädchen. Ich hätte es doch gesehen. Ist mit Ihnen alles in Ordnung?« Die Stimme des Fahrers klang besorgt.

»Mir fehlt nichts. Ich bin überarbeitet und noch immer müde von der Reise, das ist alles«, sagte Marcus.

»Woher kommen Sie, wenn ich mir die Frage erlauben darf?«

»Ich bin Portugiese, aber ich lebe und arbeite in Deutschland.«

»Eine Bekannte von mir lebt in Deutschland. Sie heißt Kiara.«

»Kiara!«, rief Marcus leise.

»Ja, Kiara. Sie lebt in Tübingen«, sagte der Taxifahrer in überraschend gutem Deutsch.

Erst als er den Namen der Stadt hörte, in der die Schwester des Fahrers lebte, wurde Marcus hellhörig. »Ich komme auch aus der Gegend. Wie heißt Ihre Schwester mit Nachnamen?«, wollte er wissen. Obwohl Marcus die englische Sprache ausgezeichnet beherrschte, setzte er das Gespräch auf Deutsch fort.

»Sie heißt Kiara Horst«, sagte der Fahrer.

Marcus zuckte zusammen. Sie waren bereits ganz in der Nähe des Gebäudes, in dem er mit Adrian Louis verabredet war. Bevor er irgendetwas erwidern konnte, kam ihm der Taxifahrer zuvor. »Heute habe ich sie angerufen, weil ich ihre Hilfe brauche. Ich habe Ihnen noch gar nicht gesagt, dass ich demnächst nach Deutschland gehen werde, oder? Vielleicht laufen wir uns ja dort über den Weg«, sagte er, wobei er verstohlen grinste. Das Taxi hielt an. »Da wären wir.«

Marcus gab dem Taxifahrer wie hypnotisiert das Geld, das er ihm schuldete, und bevor er ihn nach seinem Namen fragen konnte, verabschiedete sich der Mann und fuhr davon. Marcus blieb einen Moment stehen, bevor er sich zu dem hohen Gebäude begab, in welchem Louis sein Büro hatte. Im Aufzug zerbrach er sich den Kopf, wo er dieses Mädchen, das ihn in der letzten Zeit zu verfolgen schien, zuvor bereits gesehen hatte. Mit einem Mal fiel es ihm wieder ein. Sie sah aus wie die junge Frau auf der Titelseite des alten Magazins, das er im Firmenhotel gefunden hatte. Der Aufzug kam zum Stehen, und Marcus fand sich im dritten Stock des Gebäudes wieder, in dem Louis arbeitete.

Die Stimme

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