Читать книгу DIE ENTSCHEIDUNG - BEGEGNUNG MIT EINEM KANNIBALEN - Markus Dubach - Страница 25
1.1.3. Engmaschige Nachsorge
ОглавлениеDer Befund hat natürlich Folgen für die Nachsorge. Auch ohne ITC in einem Lymphknoten muss ich nun zehn Jahre lang regelmäßige Kontrolltermine im Inselspital wahrnehmen. Einerseits will man damit ein Fortschreiten der Krankheit erkennen, andererseits auch ein eventuelles Zweitmelanom möglichst im Frühstadium entfernen. Meine Haut ist durch Sonnenbrände in der Jugend geschädigt und anfällig für Hauttumore. Als Stage-3-Patient finden die Kontrollen in vierteljährlichen Intervallen statt. Ich bin vor jedem Termin, und erst recht danach, bis zur Auswertung der Untersuchung nervös.
Die erste Nachsorge nehme ich am 22. Januar 2007 wahr. Nebst körperlicher Untersuchung und einem Bluttest wird ein CT (Computertomographie) gemacht. Für das CT wird ein Kontrastmittel gespritzt, das in seltenen Fällen Übelkeit auslöst. Das ist bei mir zum Glück nicht der Fall.
Etwa eine Woche später ruft mich Dr. H. an. Man habe in der Schilddrüse Knoten entdeckt. Er glaube zwar nicht, dass ein Zusammenhang zum Melanom bestehe, aber unabhängig davon sollte man den Befund genauer abklären. Ob ich denn irgendwelche Symptome wie Schluckbeschwerden verspüre, will er wissen. Mir sei nichts aufgefallen. Ob ich denn jemanden in meiner Familie kenne, der an einer Schilddrüsenerkrankung leide. Das könne ich nicht beantworten, da ich weder meine Mutter noch meinen Vater kenne und zu meinem Halbbruder seit Jahren keinen Kontakt habe, antworte ich. »Wie auch immer, ich empfehle Ihnen, das abzuklären«, drängt Dr. H. zu einer Untersuchung. Wenig erfreut willige ich ein.
Mein Dossier geht also zwecks genauerer Abklärung der Knoten an die Endokrinologieabteilung. Ich erinnere mich an die Aussage von Dr. S., als er mir zu einem Staging riet. Er meinte damals, dass man vermutlich alles Mögliche finden werde, nur nicht das, wonach man gesucht habe. Ich kann nur schwer glauben, dass das Melanom und die Knoten in der Schilddrüse etwas miteinander zu tun haben.
Die Vermutung scheint sich zu bestätigen. Die Abklärung, die am 14. Februar stattfindet und eine Schilddrüsensonografie [9] sowie eine Schilddrüsenbiopsie [10] beinhaltet, fördert erfreulicherweise kein bösartig entartetes Gewebe zutage, aber die Knoten sind so groß, dass man die Schilddrüse komplett entfernen will. Das würde eine erneute Operation implizieren, was ich sehr ungern zur Kenntnis nehme. Ich habe jetzt schon zwei Operationen innerhalb eines halben Jahres gehabt und bin auch wegen der vielen Untersuchungen, die jedes Mal mit hoher psychischer Belastung verbunden sind, müde geworden.
Natürlich habe ich wieder viele Fragen zum Befund und dem geplanten Eingriff. Auch diesmal beschaffe ich mir die Informationen aus dem Internet. Ich muss feststellen, dass der bevorstehende Eingriff größer sein wird als der letzte. Was mich beschäftigt, ist die Tatsache, dass die Operation am Hals erfolgt, einem Ort, wo viele lebenswichtige Nerven und Blutgefäße verlaufen, die verletzt werden könnten. Ich habe nicht unbedingt Angst vor der Operation, aber doch zumindest Respekt. Verständlich, dass ich deshalb zögere, schließlich ist weder das untersuchte Gewebe bösartig noch liegt eine Fehlfunktion der Schilddrüse in Form einer Hyper- oder Hypothyreose [11] vor.
Ich suche deshalb das Gespräch mit dem zuständigen Arzt. Er empfiehlt die Durchführung der Operation. Die Knoten seien relativ groß und würden weiter wachsen, was früher oder später eine Entfernung notwendig machen würde. Er zerstreut die Bedenken, die ich gegenüber der Operation habe, mit dem Hinweis, dass es innerhalb von 20 Jahren nur einmal zu ernsthaften Komplikationen gekommen sei und das bei einer alten Patientin, bei der noch andere gesundheitliche Probleme vorlagen. Auch sei die nachträglich lebenslang notwendige Substitution der Schilddrüsenhormone völlig unproblematisch. Ich solle auch bedenken, dass ein Zusammenhang mit meiner Melanomerkrankung bestehen könnte. Schließlich sei ein Lymphknoten positiv gewesen und der Tumor war bis an die Grenze der Lederhaut vorgedrungen. Ich finde die Befürchtung übertrieben. Trotzdem wirft das Melanom wieder einmal seinen Schatten, indem der Schilddrüsenbefund mit diesem in Verbindung gebracht wird. Das war schon beim blutigen Stuhl so und wird sicher noch öfter vorkommen.
Alles zusammengenommen, entscheide ich mich noch im Verlauf des Gesprächs für die Operation.