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b) Analogie
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Andererseits gibt es Fälle, in denen wir die Gerichte für befugt halten, von den gesetzlich festgelegten Normelementen abzuweichen, um ein zuträgliches Ergebnis zu erzielen. Diesem Zweck dient die Theorie von der Regelungslücke. Sie geht von der Vorstellung aus, dass der Gesetzgeber die Besonderheit einer Fallkonstellation, der das Gesetz nicht ausdrücklich Rechnung trägt, von vorn herein nicht ins Auge gefasst und nicht bedacht hat. Hätte er dies getan – so ist die Vorstellung –, so hätte er auch die gesetzliche Regelung entsprechend modifiziert. Das Gesetz enthält sodann ungewollt eine Lücke. Solche Lücken können entstehen, wenn schon bei der Gesetzgebung die Realität nur unzureichend erfasst wurde. Häufiger liegt es so, dass durch spätere Entwicklungen in Technik und Zivilisation Probleme entstehen, die der Gesetzgeber nicht voraussehen konnte. Wenn der Gesetzgeber dann nicht die Gesetze ändert, stehen die Gerichte vor der Frage, wie sie das „alte“ Gesetz auf die „neue“ Wirklichkeit anwenden sollen.
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Die herrschende Methodenlehre hält die Gerichte für befugt, derartige Regelungslücken zu schließen, in dem sie die Grundgedanken des Gesetzes auf die Eigenart des besonderen Falles anpassen. Das kann auch in der Weise geschehen, dass der Anwendungsbereich einer Norm über seinen Wortlaut hinaus ausgedehnt wird. Man sagt: Die Regelungslücke wird durch Analogie geschlossen. Die Analogie besteht in der Übertragung einer Norm auf Fälle, die nicht den Normtatbestand erfüllen, die aber in den wesentlichen Punkten derartige Ähnlichkeiten mit dem Normtatbestand aufweisen, dass die gleiche Rechtsfolge angebracht erscheint.
Beispiele:
1) Nach § 12 hat derjenige, dessen Namensrecht in bestimmter Weise durch einen anderen beeinträchtigt wird (zB durch unbefugte Namensführung), Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung und auf Unterlassung gegen den anderen. Schon bald ergab sich die Frage, ob der Namensschutz sich auch auf das von einer Person geführte Wappen erstrecke (im Wege der Analogie bejaht zB von RGZ 71, 262). 2) Das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis einer Heiratsgelegenheit begründet nach § 656 I 1 keine Verbindlichkeit. Die Frage entstand, ob diese Vorschrift analog auch für Partner-Vermittlungsverträge gilt (bejaht in BGHZ 112, 122).
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Man unterscheidet zwei Arten von Analogie. Wendet man eine einzelne gesetzliche Vorschrift analog an, so spricht man von Gesetzesanalogie. Gewinnt man hingegen aus einem Zusammenhang ähnlicher Vorschriften ein allgemeines Prinzip, das über den Wortlaut der Vorschriften hinaus ausgedehnt werden soll, so spricht man mit einem verunglückten Ausdruck von Rechtsanalogie (zB Lehre vom allgemeinen vorbeugenden Rechtsschutz analog §§ 12, 862, 1004, Rn 378 ff).